Etwa 1 bis 2 von 100.000 Menschen erkranken jedes Jahr am Cushing-Syndrom. Morbus Cushing ist mit 1 bis 2 Neuerkrankungen pro 1 Million Menschen deutlich seltener.
Das Cushing-Syndrom beruht auf einer erhöhten Cortisolkonzentration im Blut. Diese kann durch eine gesteigerte körpereigene Produktion des Hormons ausgelöst werden (endogenes Cushing-Syndrom). Weitaus häufiger tritt das Cushing-Syndrom durch Cortison als Nebenwirkung einer medikamentösen Therapie auf. Cortisol ist ein lebenswichtiges körpereigenes Hormon aus der Klasse der Steroidhormone, sein aktiver Metabolit Cortison wird als Medikament eingesetzt. Es wird in der Nebennierenrinde gebildet und bei körperlicher Arbeit und in Stresssituationen ausgeschüttet. Cortisol dient der Energiebereitstellung und der Aufrechterhaltung wichtiger Körperfunktionen.
- Cortisol zählt zur Gruppe der Steroidhormone und ist ein lebenswichtiges körpereigenes Stresshormon.
- Die häufigste Form des Cushing-Syndroms ist das exogene Cushing-Syndrom durch Zufuhr von Cortison.
- Morbus Cushing ist die häufigste Form des endogenen Cushing-Syndroms. In 80 Prozent der Fälle ist ein gutartiger Tumor der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) die Ursache für Morbus Cushing.
- Frauen sind 3- bis 4-mal häufiger vom Cushing-Syndrom betroffen als Männer.
Cushing-Syndrom – Symptome
Das Cushing-Syndrom wird verursacht durch erhöhte Spiegel des Stresshormons Cortisol. Viele Organe und Organsysteme sind auf die Wirkung des Hormons angewiesen. Sie bilden Rezeptoren innerhalb der Zelle aus, an die Cortisol binden und dadurch seine Wirkung entfalten kann. Als Stresshormon bewirkt Cortisol die Mobilisierung von Energiereserven bei Stress, körperlicher Anstrengung oder Nahrungsmangel. Aus dieser Wirkung ergeben sich die meisten Symptome des Syndroms. Das Cushing-Syndrom bei Frau und Mann unterscheidet sich in der Regel nicht. Einzige Ausnahme ist die Wirkung auf die Sexualhormone, welche bei Frauen den Zyklus und das Behaarungsmuster und bei Männern die Potenz beeinflussen können. Häufige Symptome des Cushing-Syndroms sind:
Abbau und Umverteilung von Fett mit Erhöhung der Blutfettwerte, stammbetonter Fettleibigkeit, Cushing-Syndrom-Gesicht („Vollmondgesicht“) und Fettansammlung im Nacken („Stiernacken“)
Erhöhung des Blutzuckers durch Glukosebildung in der Leber
Muskelabbau zur Energiegewinnung
Verdünnung der Haut mit Dehnungsstreifen, Wundheilungsstörungen und Einblutungen
Osteoporose (Knochenschwund), Kalziumverlust sowie Begünstigung von Knochennekrosen
Elektrolytstörungen mit Ausbildung von Ödemen, Bluthochdruck und Kaliumverlust
Störungen der Sexualhormone mit Veränderungen des Menstruationszyklus, Hirsutismus und Impotenz
Unterdrückung des Immunsystems
Blutbildveränderungen
Stimmungsschwankungen mit Euphorie, Dysphorie und Depression
Grüner Star (Glaukom), Grauer Star (Katarakt)
Wachstumseinschränkungen bei Kindern
Cushing-Syndrom – Ursachen
Einem Cushing-Syndrom liegt immer ein erhöhter Cortisolspiegel zugrunde. Dieser kann endogen entstehen durch eine krankhaft erhöhte Produktion von Cortisol. Häufiger ist das exogene Cushing-Syndrom, welches durch die Zufuhr von Cortison als Medikament ausgelöst wird.
Endogene Ursachen für Cushing-Syndrom
Selten tritt das Cushing-Syndrom ohne äußere Cortisonzufuhr auf. Der Körper selbst beginnt im Rahmen einer anderen Erkrankung mit der gesteigerten Hormonproduktion. Die Ursache ist meist ein Tumor oder eine Tumorvorstufe. Dieser kann die Nebenniere und damit direkt den Ort der Cortisolproduktion betreffen. Häufiger liegt die Ursache allerdings in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) mit einer gesteigerten Produktion des adrenocorticotropen Hormons (ACTH), welches in der Nebenniere die Cortisolproduktion anregt. Ein Cushing-Syndrom durch Stress ist nicht zu erwarten. In stressigen Phasen wird mehr Cortisol ausgeschüttet, jedoch übersteigt die körpereigene Produktion nicht die Nebenwirkungsschwelle.
Häufig wird fälschlicherweise vom Morbus Cushing-Syndrom gesprochen. Tatsächlich ist die Krankheit Morbus Cushing eine spezielle Form des Cushing-Syndroms, bei der ein hormonproduzierender Tumor der Hirnanhangsdrüse für die Beschwerden verantwortlich ist.
Beim primären Hypercortisolismus wird in der Nebenniere zu viel Cortisol produziert. Ursache sind meist Tumore der Nebenniere oder Vorstufen dieser. Es entsteht ein adrenales Cushing-Syndrom, an dessen Entstehung das übergeordnete Steuerungshormon ACTH aus der Hypophyse nicht beteiligt ist. Es wird jedoch durch die hohen Cortisolspiegel über eine negative Rückkopplung zum Gehirn gehemmt, was wiederum Auswirkungen auf andere Hormonachsen haben kann.
Der sekundäre oder zentrale Hypercortisolismus hat seine Ursache in der Regel im Gehirn. In 80 Prozent der Fälle ist der Auslöser ein gutartiger Tumor der Hypophyse (Hypophysenadenom). Dieser produziert ACTH und führt zu einer übermäßigen Cortisolproduktion in der Nebenniere. Die ACTH-Synthese ist entkoppelt von der negativen Rückkopplung durch Cortisol. Im Falle eines Hypophysenadenoms spricht man auch von Morbus Cushing.
In sehr seltenen Fällen kann eine gesteigerte ACTH-Produktion als Begleiterscheinung bei anderen Tumoren auftreten. In diesem Fall spricht man von einem paraneoplastischen Syndrom. Gesteigerte ACTH-Produktion mit Cushing-Syndrom ist typisch als Paraneoplasie bei Lungenkrebs (Bronchialkarzinom) oder neuroendokrinen Tumoren.
Exogene Ursachen für Cushing-Syndrom
Das exogene Cushing-Syndrom wird auch als iatrogenes Cushing-Syndrom bezeichnet. Das bedeutet, dass es durch therapeutische Maßnahmen ausgelöst wird. Cortison ist bei vielen Erkrankungen Mittel der Wahl zur Immunsuppression. Ab einer Menge von 30 Milligramm Hydrocortison pro Tag muss mit Nebenwirkungen gerechnet werden. Aufgrund der Nebenwirkungen muss die Notwendigkeit des Medikaments stets kritisch hinterfragt und die Anwendungsdauer sowie die Dosis möglichst niedrig gehalten werden. Da der Einsatz von Cortison jedoch oft unvermeidbar ist, wird die Ausbildung eines Cushing-Syndroms in Kauf genommen und dieses symptomatisch behandelt.
Die Anwendung von Cortisonsalbe führt in der Regel nicht zum Cushing-Syndrom. Inhaltsstoffe der Salbe können über die Haut ins Blut gelangen. Die Menge des aufgenommenen Cortisons ist jedoch zu gering, um schwere systemische Nebenwirkungen zu verursachen.
Cushing-Syndrom – Diagnostik
Hinweisend auf ein Cushing-Syndrom ist die typische Symptomatik. Bei Verordnung größerer Mengen Cortison sollte die entsprechende Diagnostik regelmäßig erfolgen und PatientInnen müssen für die Symptome sensibilisiert werden, um ein Cushing-Syndrom früh zu erkennen und behandeln zu können.
Ein wichtiges Diagnosekriterium bei Cushing-Syndrom sind die Blutwerte. Cortisol führt zu Veränderungen des Blutbildes. Bei Cushing-Syndrom ist mit einer Erhöhung roter Blutzellen (Erythrozyten), Blutplättchen (Thrombozyten) und weißer Blutzellen (Leukozyten), insbesondere durch Vermehrung der Granulozyten im Blut, zu rechnen. Andere Typen weißer Blutzellen wie Eosinophile Granulozyten, Lymphozyten und Monozyten sind erniedrigt. Durch den starken Anstieg der Granulozyten erscheint im kleinen Blutbild jedoch insgesamt eine Leukozytose.
Darüber hinaus steigert Cortisol den Blutzuckerspiegel, es kommt zur Erhöhung der Blutfette Cholesterin und Triglyceride sowie zur Elektrolytverschiebung mit Kaliummangel.
Das Hormon Cortisol selbst wird im 24-Stunden Sammelurin, im Blut oder mittels Speicheltest gemessen. Aufgrund der Schwankungen im Tagesverlauf wird der Blut- und Speicheltest auf Cortisol immer standardisiert um Mitternacht durchgeführt. Die einzige Ausnahme ist die Cortisolbestimmung nach Medikamentengabe.
Zur Diagnostik aller Formen des Cushing-Syndroms wird ein sogenannter Dexamethason-Hemmtest durchgeführt. Die Gabe einer niedrigen Dosis des Medikaments Dexamethason, welches dem Cortison entspricht, führt beim gesunden Menschen zu einer Unterdrückung der körpereigenen Cortisolbildung. Bei nächtlicher Gabe von Dexamethason ist der Cortisolspiegel am Morgen erniedrigt. Dieser Effekt bleibt bei PatientInnen mit Cushing-Syndrom aus.
Weiterführende Diagnostik zur Differenzierung der Art und Ursache des Cushing-Syndroms ist mittels Bestimmung der Steuerungshormone sowie Bildgebung des Gehirns und der Nebenniere möglich.
Cushing-Syndrom – Therapie
Das exogene, medikamenteninduzierte Cushing-Syndrom kann nur durch Reduktion und Absetzen der Cortisontherapie behandelt werden. Die Indikation zur hochdosierten Cortisontherapie wird immer streng gestellt, sodass sich die Ausbildung eines Cushing-Syndroms nicht immer vermeiden lässt. Um die Nebenwirkungen möglichst gering zu halten, sollte die Cortisondosis schnellstmöglich nach Beginn der Therapie reduziert und schließlich, wenn möglich, abgesetzt werden.
Eine Erhöhung von Blutzucker, Blutfetten sowie die Gewichtszunahme und Fettumverteilung ist typisch für das Cushing-Syndrom. Die Ernährung ist dementsprechend wichtig, wobei das Abnehmen trotz Cushing-Syndrom nicht im Vordergrund steht. Wichtig ist die eingeschränkte Zufuhr von Zucker und Fett, um der Entstehung eines Diabetes mellitus und den Folgen einer Störung des Fettstoffwechsels vorzubeugen. Ausreichend Bewegung trägt ebenfalls zur Regulierung der Blutwerte bei. Trotzdem besteht nicht selten die Notwendigkeit einer Insulintherapie und einer medikamentösen Senkung der Blutfette.
Bei endogenem Cushing-Syndrom durch einen Tumor der Hypophyse oder Nebenniere ist die Therapie der Wahl eine operative Tumorentfernung. Auch bei Cushing-Syndrom als Paraneoplasie ist die Entfernung des Tumors indiziert. Nur wenn die Operation nicht möglich ist, kann auf eine medikamentöse Blockade der Cortisolproduktion oder eine Bestrahlung der Hypophyse umgestiegen werden.
Ohne Therapie ist bei Cushing-Syndrom die Lebenserwartung eingeschränkt. Insbesondere die Elektrolytverschiebungen und die Veränderungen des Blutbildes mit Einschränkung des Immunsystems können lebensbedrohliche Folgen haben.
Häufige Fragen zum Cushing-Syndrom
Häufige Symptome des Cushing-Syndroms sind Fettumverteilung mit Umfangsvermehrung von Bauch, Nacken und Gesicht sowie Muskelabbau, Stimmungsschwankungen, Hautveränderungen und Infekte durch Unterdrückung des Immunsystems. Cortisol erhöht zudem den Blutzuckerspiegel, sodass Symptome eines Diabetes mellitus auftreten können.
Das Cushing-Syndrom ist durch die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung oder das Absetzen einer Cortisontherapie heilbar.
Das Cushing-Syndrom wird mit Hilfe einer Cortisolmessung im Blut-, Urin oder Speicheltests diagnostiziert. Hinweisend sind bereits die entsprechenden Symptome sowie Veränderungen des Blutbildes, des Blutzuckers und der Blutfette.
Die Symptome des Cushing-Syndroms können lebensbedrohliche Folgen haben, wenn sie nicht erkannt und behandelt werden. Mit der richtigen Therapie ist das Cushing-Syndrom jedoch gut behandelbar.
Beim Cushing-Syndrom sind erhöhte Cortisolwerte, ein Anstieg des Blutzuckerspiegels, erhöhte Blutfette sowie Blutbildveränderungen zu erwarten.
Etwa 1 bis 2 von 100.000 Menschen erkranken pro Jahr am Cushing-Syndrom. Frauen sind bis zu 4-mal häufiger betroffen als Männer.
Quellen
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