Spezielle Arten von Ödemen
Lymphödem
Ähnlich wie unsere Blutgefäße, haben wir überall am Körper feine Lymphgefäße, die Gewebsflüssigkeit einsammeln und in Richtung Lymphknoten und schließlich Venen abtransportieren. Der Transport passiert über die Lymphgefäße selbst, die sich zusammenziehen und entspannen können wie eine Pumpe, wird aber auch durch Druck von außen von Muskeln und Bewegungen in Gelenken begünstigt.
Das Lymphsystem dient dem Abtransport und der Reinigung und Filtration von Flüssigkeit die sich im Gewebszwischenraum anreichert. Sie wird über die Lymphbahnen zu den Lymphknoten transportiert, wo die Flüssigkeit überprüft und Krankheitserreger ausgefiltert werden. Anschließend wird es über die Venen wieder in den Blutkreislauf gebracht. Es stellt einen wichtigen Teil der Immunabwehr dar.
Ein Lymphödem entsteht, wenn das Lymphsystem dem Abtransport der Lymphe nicht mehr gerecht werden kann und sich folglich die Flüssigkeit im Gewebe unter der Haut ansammelt. Sie können entweder lokalisiert (beispielsweise einem Arm) oder generalisiert am Körper auftreten, je nach Ursache.
Durch die Ansammlung des Wassers werden andere Gewebestrukturen verdrängt und der Austausch zwischen Zellen und Nährstoffen im Blut ist nicht mehr gewährleistet. Das kann dazu führen, dass die Zellen beschädigt werden oder ganz absterben. Das fängt mit den Hautzellen an, die am weitesten außen sind. So entstehen chronische Wunden, die nicht mehr heilen wollen. Im schlimmsten Fall kann das zu einer Bein-, Zeh- oder sogar Fußamputation führen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass kleine persistierende Ödeme so schnell wie möglich von einem Arzt angeschaut werden.
Ursachen können angeboren und erworben sein. Die angeborenen Lymphödeme sind weitaus seltener, und betreffen hauptsächlich Frauen. Hierbei handelt es sich um eine Störung in der Architektur des Lymphnetzwerks inklusive der Lymphknoten. Diese Ödeme beginnen meistens weit weg vom Körperstamm: an Beinen, Füßen oder Händen. Sehr typisch sind geschwollene Zehen, auch Kastenzehen genannt. Das unterscheidet auch generell ein Lymphödem von einem Blutkreislauf bedingtem Ödem. Zusätzlich sind Lymphödeme nicht eindrückbar.
Erworbene Lymphödeme können viele unterschiedliche Ursachen haben. Generalisiert entwickeln sie sich vom Körperstamm weg, treten aber auch häufig lokalisiert auf. Jede Form von mechanischer Verletzung oder Veränderungen, die die Lymphgefäße beeinflussen, kann zu einem Lymphstau führen. Hierzu gehören Trauma von außen, chronische Entzündungen, Tumoren, Infektionen, Operationen oder sogar Krankheiten wie Diabetes. Häufig führt auch die Entfernung von Lymphknoten infolge einer krebsbedingten Operation zu Ödemen in den betroffenen Extremitäten. Werden beispielsweise die Lymphknoten in der linken Axel aufgrund von Brustkrebs der linken Brust entfernt, führt dies oft zu Wassereinlagerungen im linken Arm.
Klinisch werden Lymphödeme in 4 Grade unterteilt:
Angioödem (Quincke-Ödem)
Bei diesem Ödem handelt es sich um sehr lokalisierte blasse Schwellungen, die die Unterhaut betreffen. Meistens treten sie im Gesicht, speziell den Augenlidern, den Lippen und im Rachenraum auf. Es können aber auch die Arme, Hände oder Genitalien betroffen sein. Die Gemeinsamkeit ist wenig stützendes Bindegewebe, sodass sich Flüssigkeit schnell ansammelt. Oft gehen mit allergischen Angioödemen auch Urtikaria einher. Sie können wenige Stunden bis mehrere Tage anhalten.
Man kann wieder zwischen einer angeborenen und einer erworbenen Form unterscheiden, wobei die angeborene Form extrem selten und vererbbar ist. In beiden Fällen handelt es sich um eine Überreaktion von gefäßerweiternden (vasoaktiven) Botenstoffen, was zur Erweiterung und einer erhöhten Durchlässigkeit der Blutgefäße führt. Es unterscheiden sich nur der Anlass: bei der angeborenen Form liegt es an einer genetischen Veränderung, die zum Mangel an anderen Faktoren führt, die normalerweise die Botenstoffe kontrollieren würden.
Bei erworbenen Formen kann dies durch allergische Reaktionen, Immunerkrankungen, Krebserkrankungen oder auch bestimmte Medikamente ausgelöst werden.
Das Angioödem kann sehr gefährlich werden, wenn es den Rachenbereich betrifft und so sehr anschwillt, dass die Person keine Luft mehr bekommen kann.
Hirnödem
Das Hirnödem ist eine sehr lebensgefährliche Form eines Ödems und in der Regel ein Notfall. Es handelt sich um Wasseransammlungen innerhalb der Schädelkalotte, was schnell zu einem Überdruck und Verdrängung und Verletzung der Hirnzellen führen kann. Ursache ist in irgendeiner Form die Verletzung der Blut-Hirn-Schranke oder der Blut-Liquor-Schranke. Das sind beides normalerweise sehr fein regulierte Mechanismen, die das Gehirn vor fremden Noxen schützen soll. Sie funktionieren über die Gefäßwände und die Wände der Liquorräume.
Trauma, bestimmte Toxine, Vergiftungen, Entzündungen oder Tumore können die Schranken beschädigen, was folglich zu Flüssigkeitseinlagerungen führen kann. Wenn Gefäßwände verletzt sind, kann das zur erhöhten Wasserdurchlässigkeit und Ansammlung zwischen den Hirnzellen führen. Bei einem verletzten Gefäß kann es auch zu richtigen Einblutungen kommen, was allerdings nicht als Hirnödem klassifiziert wird. Wenn das Gehirn zu wenig Sauerstoff bekommt, können bestimmte Transporter nicht mehr richtig funktionieren. Das führt dazu dass einzelne Zellen vermehrt Wasser einlagern, was ebenfalls zur Verdrängung anderer Zellen führen kann. In ganz seltenen Fällen kann es auch im Hirn, so wie in den Beinen, zu einer Thrombose kommen. Dann wird das Blut aufgestaut, und weil es nirgends anders hin kann, wird es in den Hirnzellenzwischenraum gedrängt.
Hirnödeme sind ein Notfall und sollten so schnell wie möglich klinisch angeschaut werden. Da sich das Hirnparenchym nicht ausbreiten kann, wie die Haut am Unterschenkel beispielsweise, ist es noch viel wichtiger, dass es schnell behandelt wird. Das quellende Hirn kann zusätzlich versorgende Blutgefäße abquetschen, was die Versorgung weiter reduziert und im schlimmsten Fall zum Hirntod führen kann.
Lipödem
Bei dieser speziellen Form des Ödems handelt es sich um eine übermäßige Wassereinlagerung in den Fettzellen, meistens symmetrisch in den Hüften und Oberschenkeln und später auch Armen und Nacken. Es ist nicht ganz klar, woher diese Erkrankung kommt - allerdings werden genetische und hormonelle Faktoren vermutet, genauso wie rasche Gewichtszunahme. Weitere Bezeichnungen für diese Art von Ödem ist Lipohyperplasia dolorosa oder auch Allen-Hines-Syndrom.
Die Ödeme können sehr schmerzhaft werden und blaue Flecken verursachen aufgrund der Verdrängenden Eigenschaften des angeschwollenen Fettgewebes. Ähnlich wie bei Lymphödemen führen die Schwellungen zur Minderversorgung von Hautzellen, was Hautveränderungen nach sich zieht.
Leider kann man diese Erkrankung nur durch Gewichtsabnahme und kompressierende Maßnahmen entgegenwirken, in komplizierten Fällen hilft nur noch ein operativer Eingriff.
Ödeme behandeln
Wann muss man zum Arzt?
Generell sind Ödeme nicht akut gefährlich außer sie treten an Stellen auf, wo sie beispielsweise die Luftzufuhr beeinträchtigen. Allerdings sind die Ursachen vielfältig und deshalb ist eine Abklärung immer gut. Ausnahmen sind Ödeme, die bei Hitze oder nach langem Stehen auftreten und wieder weggehen.
Bei folgenden Situationen ist es wichtig, sobald wie möglich zum Arzt zu gehen:
- Die Schwellung ist warm oder gerötet oder sehr schmerzhaft
- Wenn die neue Schwellung mit Fieber einher geht
- Bei Atemnot
- Bewusstlosigkeit
- Wenn die Gliedmaßen bläulich bis rötlich verfärbt sind oder sich sehr kalt anfühlen
Therapie
Je nach Ursache ist die Therapie unterschiedlich. Wenn es sich allerdings um chronische systemische Erkrankungen handelt, greift der Arzt oft zu Entwässerungstabletten (Diuretika). In Notfällen können Diuretika auch intravenös verabreicht werden. Lymphödeme werden eher mittels Lymphdrainage behandelt. Allergische Prozesse werden symptomatisch mit Antihistaminika und Cortison behandelt.
Es gibt aber auch einiges, was man selbst gegen die Wasseransammlungen machen kann, vor allem wenn es sich um wetter-, hormon-, oder schwangerschaftsbedingte Ödeme handelt. Das kann auch bei Ödemen helfen, die durch Operationswunden oder andere irreversible Faktoren bedingt sind.
Das können Sie selbst gegen Wassereinlagerungen tun
Wenn es sich um harmlose Ödeme handelt, die von selbst abschwellen und eher mit Wetter oder hormonellen Schwankungen in Zusammenhang stehen, kann man folgende Dinge selber machen:
Verzichten Sie auf Salz. Salz beinhaltet Natrium, welches Wasser zieht. Wenn man zu viel davon zu nicht nimmt, hat man folglich zu viel im Blut und es führt dazu, dass es ins Gewebe gepresst wird, um Ausgleich zu schaffen. Das Wasser folgt hinterher und es entstehen Wassereinlagerungen im Gewebe. Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation: maximal fünf Gramm Salz am Tag.
Beine hochlegen! Bei Wassereinlagerungen folgt das Wasser der Schwerkraft und es fällt den Gefäßen schwer, es nach oben zu pumpen. Legt man die Beine hoch, verhilft man der Flüssigkeit (gemäß der Schwerkraft) in Körpermitte abzulaufen.
Kalium wirkt entwässernd. Somit ist es sinnvoll, kaliumhaltige Tees zu trinken oder kaliumhaltige Lebensmittel zu sich zu nehmen. Hierzu gehören zum Beispiel Brennessel- oder Grüner Tee, als auch Johanniskrauttee. Dieser sollte aber von Frauen vermieden werden, die mit oralen Kontrazeptiva verhüten. Beispiele für solche Lebensmittel sind Kartoffeln, Nüsse, Quinoa, Spinat, Bananen und Reis. Weitere Lebensmittel, die entwässernd wirken können, sind Kopfsalat, Wassermelone, Gurke, Avocado, Erdbeeren, Sellerie, Fenchel und Ananas. Das liegt an ihrem besonders hohen Magnesium, Vitamin B6 oder Wasseranteil. Hierfür gibt es auch spezielle Entwässerungstabletten, die aus natürlichen Inhaltsstoffen wie den Tees oder der Elektrolyte bestehen und die Entwässerung fördern.
Wichtig ist es auch, die Durchblutung zu fördern. Das kann man durch Heiß-Kalt-Duschen erreichen, weil sich durch die Kälte die Gefäße zusammenziehen. Oder durch Massagen in Richtung der Körpermitte. Das fördert die Durchblutung, die Venen pumpen wieder mehr Blut ab und die Wassereinlagerungen können abnehmen.
Wasser trinken! Es klingt vielleicht etwas widersprüchlich, aber wenn der Körper in einem Zustand der Dehydration ist, möchte er mehr Wasser einspeichern. Wasser ist überlebensnotwendig. Außerdem führt übermäßige Wasserzufuhr auch relativ schnell zur erhöhten Wasserausscheidung über den Urin. So wird der Kreislauf angeregt und die Wassereinlagerungen werden abgebaut.
Bewegung fördert die Funktion der Venen durch die aktiven Muskeln und Gelenke und somit das Abpumpen von Wasser. Deshalb merkt man auch nach langem Sitzen wie nach einem langen Flug oder Arbeitstag im Büro, dass die Beine dicker sind. Wichtig ist dabei nicht extremer Kraftsport oder anstrengende Work-outs, sondern eher das Integrieren von Bewegung im Alltag.
Koriander- und Leinsamen haben eine wasserbindende Funktion im Darm. Das ist nicht die effektivste Option für Wassereinlagerungen in den Beinen, schadet aber nie und regt ebenfalls den Kreislauf an.
Die Wahl der Schuhe ist auch nicht unerheblich, wenn sie so eng sind, dass sie die Durchblutung abdrücken. Im Sommer deshalb lieber auf offene und leichte Schuhe zurückgreifen oder sogar welche die eine kompressierende Funktion haben wie manche Sportschuhe.
Diuretika gegen Ödeme einnehmen
Es gibt unterschiedliche Arten von Diuretika, die je nach Funktion und Lokalisation an der Niere unterschiedlich benannt werden:
- Schleifendiuretika (Furosemid): sind sehr wirksam, schwemmen aber wichtige Elektrolyte mit aus
- Kaliumsparende Diuretika (Spironolacton): werden bei chronischen Krankheiten eingesetzt wie Leberschaden oder Herzschäden
- Thiaziddiuretika (Thiazid): werden oft zur Blutsenkung eingesetzt
Diuretika, die nur eine erhöhte Wasserausscheidung bewirken, nennt man Aquaretika. Es gibt auch Diuretika, die neben der vermehrten Wasser- zusätzlich eine vermehrte Salzausscheidung aus dem Körper bewirken. Diese nennt man auch Saluretika. Diuretika können nur Symptome lindern, nicht aber eine Grunderkrankung verbessern.