
Die Angststörung im Überblick:
- Es gibt die generalisierte Angststörung, die Panikstörung und die phobischen Störungen
- Phobische Störungen können wiederum in Agoraphobien (Angst vor öffentlichen Plätzen), soziale und spezifische Phobien unterteilt werden
- Diese Gruppe psychologischer Erkrankungen haben das Leitsymptom der Angst gemein
- Die Behandlung erfolgt mit einer Kombination aus medikamentöser Therapie und Verhaltenstherapie
Was sind Angststörungen?
Zu dieser Gruppe psychologischer Erkrankungen gehören jene, die das Leitsymptom der Angst gemein haben. Es handelt sich um sehr individuelle Krankheitsbilder, da sie unter anderem von genetischen, situativen, kognitiven und sozialen Faktoren abhängig sind, und sich oft sehr unterschiedlich äußern können.
Mehrere Faktoren fließen in die Entstehung und Symptomatik der unterschiedlichen Angststörungen mit rein. Psychosoziale Faktoren, also das Umfeld in dem man und wie man aufwächst, kognitive Faktoren, wie das Erlernen von bestimmten Ängsten durch Traumata, eine genetische Komponente als auch die Neurobiologie, also verminderter oder gesteigerten Funktionalität gewisser Hirnareale, können eine Rolle spielen.
In abgeschwächter Form leidet jeder in seinem Leben mal an einer Angstsituation oder ausgeprägten Angstgefühlen, was es schwer macht, diese “normalen” Situationen von einer pathologischen Erkrankung zu unterscheiden. Generell gesagt kann man aber von einer Angststörung ausgehen, wenn sich die Angst in objektiv definiert ungefährlichen Situationen äußert, und verhältnismäßig gesteigert ist.
Einteilung der Angststörungen
Es gibt unterschiedliche Formen der Angststörung, die in ihre Dauer und Situation unterteilt werden können. Die generalisierte Angststörung äußert sich dauerhaft, und hat keinen spezifischen Auslöser. Auch die Panikstörung hat in der Regel keinen spezifischen Auslöser, tritt dafür aber nur akut auf. Die Phobie tritt akut auf, und hängt mit einem speziellen bekannten Auslöser auf.
Somit kann sich die generalisierte Angststörung mit einem chronischen Zustand der Angst oder Unwohlsein zeigen. Bei der Panikstörung sind die Ängste durch plötzlich auftretende Panikattacken gekennzeichnet, die immer wieder auftreten können.
Die phobischen Störungen
Bei den phobischen Störungen können Betroffene die Ängste in direktem Zusammenhang mit bestimmten Situationen oder Objekten bringen. Beispiele hierfür sind die Agoraphobie, die Angst vor öffentlichen Plätzen, oder soziale Phobien, bei denen Betroffene Angst vor sozialen Situationen haben. Auch gibt es Phobien, die sich auf jedes spezifische Objekt beziehen können, also eine spezifische Phobie, wie die altbekannte Arachnophobie, bei der es sich um die Angst vor Spinnen handelt. Diese werden wiederum grob in folgende Kategorien unterteilt, wobei eine Phobie gegen alles existieren kann:
- Tiere (z. B. Spinnen)
- Naturgewalten (z. B. Donner bei Gewitter)
- Blut-Injektion/Verletzungen (z. B. Spritzen, Blut)
- Situativ (z. B. Flugzeug, Dunkelheit)
- andere nicht näher bezeichnete Typen.
Symptome der Angststörung
Bei allen Formen der Angststörung spielt das Leitsymptom der Angst die größte Rolle. Diese muss verhältnismäßig gesteigert sein, und in objektiv definiert ungefährlichen Situationen auftreten. Sie hält vergleichsweise länger an, und die betroffene Person kann sich in diesem Moment weder selbstständig noch mithilfe anderer aus dieser Angst lösen. Meistens sind sie sich dessen aber bewusst, dass sie übertrieben ist, was oft zur Beeinträchtigung der Lebensqualität dieser Personen führt, vor allem Aufgrund von sozialem Rückzug.
Da die Angst oft ausgeprägte körperliche Symptome mit sich bringt, müssen andere Ursachen für diese Ausgeschlossen werden. Beispielsweise muss bei Herzrasen ein EKG gemacht werden, um andere organische Krankheiten auszuschließen. Auch kann eine Blutuntersuchung bei anderen Symptomen wie Zittern und Unruhe sinnvoll sein, da ähnliche Symptome beispielsweise auch von einer Schilddrüsenüberfunktion kommen kann.
Die Generalisierte Angststörung
Bei der generalisierten Angststörung treten die Angstsymptome chronisch und situationsunabhängig auf. Dies kann mit unterschiedlichen zeitlichen Abständen über Wochen bis hin zu Jahren anhalten, müssen aber zur Diagnose mindestens ein halbes Jahr aufgetreten sein.
Die Symptome können wechselhaft sein, auch bei demselben Patienten. Psychisch äußert sich die generelle Angst in Form von Unruhe, Nervosität, Konzentrationsstörungen, Schreckhaftigkeit (nicht auf spezifische Situationen/Dinge), Schlafstörungen, und Pessimismus.
Auch können Herzklopfen (Palpitationen), Herzrasen, übermäßiges Schwitzen, Bauchschmerzen, Schwindel, Zittern, und generelle Angespanntheit des Körpers auftreten. Diese müssen nicht immer alle vorhanden sein und können in Stärke und Art variieren.
Die generalisierte Angststörung tritt gerne in Kombination mit depressiven Episoden auf, und kann auch symptomatisch auf die Diagnose einer Depression passen. Auch muss man die generalisierte Angststörung von der Panik oder phobischen Störung unterscheiden.
Die Panikstörung
Bei der Panikstörung treten die Angstsymptome plötzlich, anfallsartig und situationsunabhängig auf. Die Diagnose wird in Fachkreisen als episodische paroxysmale Angst bezeichnet.
“Episodisch” bedeutet, dass die Angstzustände immer wieder auftreten. “Paroxysmal” beschreibt den plötzlichen und anfallsartigen Charakter, und “Angst” das Symptom, das wir alle kennen. Wichtig bei der Panikstörung ist, dass diese Panikattacken in unspezifischen Situationen auftreten.
Panikattacken beschreiben zusammenfassend die Symptomatik der Panikstörung, und können fünf bis zehn Minuten, manchmal länger andauern. Der Patient kann in diesen Episoden unterschiedliche Symptome erleben, die jedes Mal unterschiedlich ausfallen können. Hierzu kann Schwitzen, Kälte, Mundtrockenheit, Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Zittern, Konzentrationsverlust und Ohnmachtsgefühle zählen.
Oft entwickeln die Patienten Todesängste oder Erstickungsgefühle, was zu Hyperventilation und anderen vegetativen Symptomen führen kann. Oft empfinden die Betroffenen in diesen Momenten die Umwelt als fremd und unwirklich, und können in ausgeprägteren Situationen sich “losgelöst” von ihrem eigenen Körper fühlen.
Die Folge von diesen plötzlich auftretenden Todesängsten, ohne Vorwarnung, führen bei den Betroffenen oft zu einem ausgeprägten Vermeidungsverhalten mit sozialer Abschottung und Einschränkung der Lebensqualität. Umso wichtiger, dass diese Art von Erkrankung erkannt und entsprechend behandelt wird.
Die phobischen Störungen
Bei den phobischen Störungen treten die Angstsymptome ausschließlich in spezifischen Situationen auf.
Die Symptome reichen von leichtem Unwohlsein bis hin zu “Panikattacken”, wie bei der panischen Störung. Der Unterschied liegt darin, dass bei den phobischen Störungen ein konkreter Auslöser bekannt ist. Diese Panikattacken können fünf bis zehn Minuten anhalten, manchmal aber auch länger andauern. Auch das Ausmaß der panischen Angst kann unterschiedlich sein, und unter anderem Symptome wie Schreckhaftigkeit (in Bezug auf eine spezifische Sache) Schwitzen, Kälte, Mundtrockenheit, Herzrasen, Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Zittern, Konzentrationsverlust und Ohnmachtsgefühle inkludieren. Die Symptome können von Attacke zu Attacke variieren.
Unterteilt werden die Phobien in die Phobie vor der Öffentlichkeit, bei der Betroffene Plätze, öffentliche Verkehrsmittel, Reisen und Menschenmengen meiden. Sie wird in Fachkreisen als Agoraphobie bezeichnet, was von dem griechischen Begriff “Agora” kommt - der Marktplatz, und besteht häufig in Kombination mit Depressionen, Zwangsstörungen oder auch generellen Panikstörungen. Eine weitere Kategorie sind die sozialen Phobien, bei denen der Patient Aufmerksamkeit meidet. Dies sollte man nicht mit Menschenmengen verwechseln, da es wirklich um zwischenmenschliche Beziehungen und Interaktion geht. Bei den spezifischen Phobien hat der Betroffene Angst vor einer spezifischen Situation, oder einem spezifischen Objekt. Dies kann die Höhenangst (Akrophobie) sein, die Angst vor engen Räumen (Klaustrophobie), oder auch die Angst vor Blut (Hämatophobie). Diese Personen entwickeln meist gute Vermeidungsmechanismen, die mit dem Alltag vereinbar sind und nicht die Lebensqualität signifikant beeinträchtigen.
Dem Patienten ist in den meisten Fällen bewusst, dass die Angst in dem Zusammenhang irrational ist und die Situation objektiv als ungefährlich definiert ist. Man vermutet, dass phobische Störungen nicht aufgrund von Traumata entstehen, sondern eher genetisch oder durch ein ausgeprägtes Angstzentrum des Gehirns (Amygdala) geprägt sind.
Behandlung der Angststörungen
Alle unterschiedlichen Formen der Angststörungen werden ähnlich behandelt.
Am wichtigsten ist die Gesprächstherapie, in der festgestellt wird, wie beeinträchtigend die Angststörung für den Patienten ist. In vielen Fällen, vor allem bei spezifischen Phobien, kann man mit gewissen Gewohnheiten und Vermeidungsstrategien schon viel bewältigen.
Reicht dies nicht, ist eine Verhaltenstherapie mit Reizexposition, bzw. Eine Konfrontationstherapie bei Phobien oft hilfreich. Hierbei wird der Betroffene mit seinen spezifischen Reizen unter kontrollierten Umständen auseinandergesetzt. Auch wenn man annimmt, dass phobische Störungen nicht durch traumatische Erfahrungen entstehen, kann man mit der Konfrontationstherapie gute Ergebnisse erzielen.
Bei den generalisierten Angststörungen ist eine kognitive Verhaltens- bzw. Gesprächstherapie oft sehr hilfreich. Auch sind supportive Maßnahmen, wie Selbsthilfegruppen, Sport und Entspannungsverfahren oft sehr sinnvoll. Es ist wichtig, diesen Patienten Konflikt orientierte Lösungswege anzutrainieren, mit denen sie selber in einer Situation der Panikattacke umgehen können. Da sie sehr spontan auftreten, ist es umso wichtiger dass der Patient in der Situation ruhig bleiben kann, und einen gewissen Plan abarbeiten kann, bis die Attacke wieder abflacht. Am wichtigsten ist es, dass sich diese Personen nicht aufgrund ihrer Angst vor einer erneuten Attacke sozial zurückziehen und gar ihren Alltag vernachlässigen.
Häufig sind generalisierte Angststörungen so in den Griff zu bekommen. Sollte dies nicht möglich sein, gibt es noch die letzte Option einer medikamentösen Therapie. Man kann Wirkstoffe mit einer beruhigenden Wirkung verwenden, die entweder nur in Akutsituationen zum Einsatz kommen, oder langfristig angewendet werden.
Benzodiazepine können in Akutsituationen eingesetzt werden, führen aber schnell zur Abhängigkeit. Langfristig werden Antidepressiva verschrieben, vor allem welche, die Serotonin erhöhen. Es gibt auch Anxiolytische Medikamente wie Buspiron, die ebenfalls an einem Serotonin Rezeptor ansetzten, und somit den Neurotransmitter erhöhen, die aber keine Abhängigkeit erzeugen. Sie wirken erst nach mehreren Wochen und nicht so akut wie beispielsweise die Benzodiazepine. Aufgrund von den Nebenwirkungen sollte auch dieser Wirkstoff nicht länger als 4 Monate am Stück eingenommen werden.
Quellen
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