
- Bei Migräne handelt es sich mäßige bis starke einseitige Kopfschmerzen.
- Migräneanfälle können bis zu 72 Stunden andauern.
- Begleitsymptome können Übelkeit, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit sein.
- Zur Behandlung und Vorbeugung von Migräne eignen sich Medikamente aber auch Veränderungen des Lebensstils.
Was ist Migräne?
Die Migräne ist eine neurologische Erkrankung mit extrem beeinträchtigenden neurologischen Symptomen. Im Unterschied zu Kopfschmerzen handelt es sich bei Migräne um mäßige bis starke einseitige, pulsierende, pochende und bohrende Kopfschmerzen (Migräneattacken), die wiederkehrend sind und meist anfallsartig auftreten und teils bis zu 72 Stunden andauern können.
Wen betrifft Migräne?
Migräne betrifft bis zu 14 Prozent der Weltbevölkerung. Etwa 8-9 Prozent aller Männer und 9-18 Prozent aller Frauen leiden regelmäßig an den anfallsartigen Kopfschmerzen. Damit ist es der häufigste Grund, weswegen sich jemand mit Kopfschmerzen beim Arzt vorstellt. Den ersten Migräneanfall erleiden die meisten Patienten zwischen dem 15. und 25. Lebensjahr.
Symptome einer Migräne
Charakteristisch für Migräne sind einseitige starkpochende Kopfschmerzen. Häufig gehen sie einher mit unterschiedlichen weiteren Symptomen:
Appetitlosigkeit
erhöhte Licht- (Photophobie) und Geräuschempfindlichkeit (Phonophobie)
Leichtes Augentränen
Geruchsüberempfindlichkeit
Wahrnehmungsstörungen
Verstärkung durch körperliche Tätigkeiten
Die meisten Betroffenen haben einseitige Kopfschmerzen, die meistens an der Stirn, hinter dem Auge oder seitlich lokalisiert sind, und können Seite wechseln.
Wie verläuft ein Migräneanfall?
Besonders schwierig ist für Betroffene die Zeit während einer Migräneattacke (Migräneanfall), die mit Arbeitsausfall und völligem Rückzug einhergeht.
Zuerst kann es sogenannte Prodromi geben. Dabei handelt es sich um Vorboten, die auf einen Migräneanfall hindeuten. Bei 60 % der Betroffenen treten die Kopfschmerzen nur auf einer Seite und meistens im Stirnbereich auf. Allerdings können sie die Seite auch während des Anfalls wechseln. Meist nimmt der Schmerz langsam zu und fühlt sich hämmernd, pochend und bohrend an. Migräneanfälle können 4 – 72 Stunden dauern.
Symptome bei einem Migräneanfall
Eine Migräneattacke unterteilt sich in vier Phasen. Während dieser Phasen zeigen sich verschiedene Symptome. Ohne Medikamente sind diese Phasen kaum erträglich.
Migräne: Ursachen und Auslöser
Auslöser von Migräneanfällen
Die biochemischen Abläufe, die einen Migräneanfall verursachen, sind noch nicht abschließend erforscht. Es handelt sich wahrscheinlich um eine neurovaskuläre Fehlfunktion. Auch Serotonin, ein Neurotransmitter, der wichtige Prozesse im Gehirn kontrolliert und steuert, kann zum Krankheitsgeschehen beitragen.
Es gibt Auslöser, die häufig zu einem Migräneanfall führen, sogenannte Triggerfaktoren. Diese Auslöser sind bei jedem Patienten unterschiedlich. Es ist daher wichtig herauszufinden, welche Trigger für einen selbst relevant sind und ob diese vermieden werden können.
- Klimaveränderungen
- schnelle Veränderungen des Wetters und Kälte
- Langstreckenflüge
- Veränderungen des Schlafrhythmus (Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus)
- Zeitverschiebung
- intensive Lichteinstrahlung
- starke Gerüche
- laute Geräusche
- Ernährung
- Alkohol
- zyklusbedingte Veränderungen im Hormonhaushalt
Auch die Ernährung und der Lebensstil können die Anfälligkeit für Migräneattacken beeinflussen. Der Konsum von Alkohol und Zigaretten, aber auch Zitrusfrüchten, Schokolade und Milchprodukten kann einen Migräneanfall auslösen.
Es kann auch sein, dass die Anfälle nach einer anstrengenden und stressigen Phase im Leben auftreten. Hormonelle Veränderungen sind mögliche Triggerfaktoren, was sich darin zeigt, dass Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. In Verbindung mit dem Menstruationszyklus der Regelblutung oder der Einnahme von Kontrazeptiva kann es zu Migräneanfällen kommen.
Genetische Ursachen von Migräne
Die Migräne weist eine familiäre Häufung auf. Häufig sind weitere Familienmitglieder betroffen oder waren für einen Lebensabschnitt erkrankt, was für eine teilweise genetische Ursache der Migräne spricht. Allerdings gibt es nicht ein einzelnes identifiziertes Gen, sondern eine Kombination von mehreren genetischen Faktoren.
In Studien wurde herausgefunden, dass die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer Migräne zu 40 – 50 Prozent durch die Vererbung bestimmt wird. Etwa 50% der Betroffenen haben ein Familienmitglied 1. Grades, das ebenfalls unter Migräne leidet.
Daraus lässt sich eine genetische Komponente ableiten. Bis auf eine seltene Unterform der Migräne (familiäre hemiplegische Migräne) lässt sich diese Häufung nicht auf ein einzelnes Gen zurückverfolgen. Vielmehr wurden sogar multiple Gene identifiziert, die eine Assoziation zur Migräne aufweisen könnten.
Forscher gehen davon aus, dass Migräne-Betroffene eine veränderte Art der Reizverarbeitung haben. Durch die Triggerfaktoren werden verschiedene Strukturen im Gehirn, die für die Entstehung der Kopfschmerzen verantwortlich sind, beeinflusst.
Einige beteiligte Strukturen wurden bereits identifiziert: Die Blutgefäße und die Nerven. Wenn diese falsch gereizt werden, kann dies zu unkontrolliertem Nervenfeuern (“Gehirngewittern”) führen, oder zur unkontrollierten Veränderung der Dicke der Gefäße im Gehirn. Dies kann auf auf andere Strukturen drücken und zu extremen Schmerzen führen.
Auch Serotonin, ein sogenannter Neurotransmitter, der wichtige Prozesse im Gehirn kontrolliert und steuert, kann bei einer Fehlfunktion zum Krankheitsgeschehen beitragen.
Die genauen biochemischen Abläufe, die einen Migräneanfall verursachen, sind noch nicht abschließend erforscht. Es handelt sich wahrscheinlich um eine neurovaskuläre Fehlfunktion, die zu einer Abfolge von Veränderungen in und außerhalb des Gehirns und den versorgenden Blutgefäßen führt.
Dazu zählt unter anderem Calcitonin Gene-Related Peptide(CGRP), eine Substanz, die Blutgefäße erweitert, und während einer Migräneattacke nachweisbar erhöht ist. Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) ist als Neuromodulator an dem Ablauf einer Migräne beteiligt. Rezeptoren für CGRP finden sich an dem sogenannten Nervus Trigeminus im Hirn, der an der Vermittlung von Kopfschmerzen und der Regulation der Blutgefäßweite beteiligt ist. Seit 2018 gibt es Medikamente, die an CGRP ansetzen, um eine Migräne zu behandeln.
Die Rolle des Proteins Pituitary adenylate cyclase activating peptide (PACAP) wird zur Zeit ebenfalls erforscht. Studien zeigen, dass es an der Entstehung der Kopfschmerzen beteiligt ist, die die Migräne begleiten.
Angeborene Ursachen
Es wird auch vermutet, dass es einen Zusammenhang mit einem Herzfehler, dem sogenannten persistierenden Foramen ovale, gibt. Dabei kann das Blut die Lunge durch ein Loch in der Wand umgehen, das eigentlich die rechte von der linken Herzhälfte trennen sollte.
Aktuelle Studien erforschen, ob die Verschließung dieses Lochs zu einer Verbesserung der Migränesymptome führen kann. Dabei zeichnet sich eine Verbesserung für Patienten ab, die an einer Migräne mit Aura leiden.
Arten von Migräne
Es gibt verschiedene Migränearten. Dazu gehören:
Migräne mit Aura
Migräne ohne Aura
Aura ohne Kopfschmerzen
Hemiplegische Migräne
Basiläre Migräne
Menstruelle Migräne
Chronische Migräne
Migräne oder Kopfschmerzen?
Neben der Migräne sind die beiden anderen häufigen Formen von primärem Kopfschmerz, d.h. Kopfschmerz ohne zugrunde liegender Erkrankung, der Spannungskopfschmerz und der Cluster-Kopfschmerz.
Beim Spannungskopfschmerz sind die Schmerzen dumpfer, beidseitig und es gibt keine begleitende Übelkeit und keine Verschlechterung durch Bewegung. Beim Clusterkopfschmerz sind die Schmerzen extrem stark und treten vor allem hinter dem Auge auf, wobei die Attacken nur ca. eine halbe Stunde dauern.
Diagnose von Migräne
Die Migräne wird in der Regel durch ein Arztgespräch und die Analyse der typischen Symptomatik erkannt. Die Diagnose wird gestellt, wenn zumindest fünf Anfälle mit den folgenden Eigenschaften aufgetreten sind:
unbehandelt oder erfolglos behandelte Dauer von 4 – 72h
Mindestens eins der beiden Begleitsymptome:
Übelkeit und/oder Erbrechen
Licht- und Geräuschempfindlichkeit
Zwei der folgenden Kriterien:
Einseitigkeit
pulsierender Schmerz
mittlere oder starke Schmerzen
Verschlechterung durch körperlicher Aktivität
Außerdem sollten weitere neurologische Untersuchungen durchgeführt werden, um andere, zum Teil gefährlichere Ursachen auszuschließen.
Wie kann man Migräne behandeln?
Kopfschmerzattacken lassen sich nicht völlig vermeiden und zwingen die Erkrankten oftmals ins Bett. Auch wenn die Ursachen von Migräne bis heute nicht eindeutig geklärt sind und sich Anfälle nie völlig vermeiden lassen, gibt es eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten - sowohl im Akutfall als auch zur Prophylaxe. Dabei eignen sich Medikamente gegen Migräne ebenso wie Veränderungen in Ihrem Lebensstil. Primär gilt es, die persönlichen Stressoren zu identifizieren und Migräneanfällen vorzubeugen.
Da Migräne eine wiederkehrende Erkrankung ist, empfiehlt es sich, Medikamente auch vorbereitend parat zu haben. Um eine optimale Einstellung der medikamentösen Therapie zu erzielen empfiehlt sich die Rücksprache mit einem Arzt.
Daneben können ÄrztInnen in Deutschland nun auch sogenannte Digitale Gesundheitsanwendungen wie die Migräne-App M-sense verschreiben.
Wie kann man Migräne vorbeugen?
Eine Änderung des Lebensstils kann einen großen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung haben. Neben Tabletten kann ein ausbalancierter Lebensstil dabei helfen, Migräneattacken vorzubeugen.
Auch Entspannungstrainings können von Nutzen sein - zum Beispiel Autogenes Training oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Leichtes Ausdauertraining ist ebenfalls sinnvoll, um Ihren Körper gegen Stressfaktoren zu wappnen. Mittlerweile gibt es auch Hinweise darauf, dass Akupunktur Anfällen vorbeugen kann.
Tagesrhythmus mit festen Schlaf-, Wach- und Essenszeiten
Meidung von Lärm
Einschränken des Alkoholkonsums können ebenfalls helfen.
Ausdauersport
Muskelentspannungsübungen
Akupunktur
Bei einem akuten Migräneanfall hilft Ihnen vor allem der Rückzug in einen leisen, abgedunkelten Raum.
Des Weiteren können Medikamente eine Linderung erzielen - rezeptfreie Schmerzmedikamente sind dabei Mittel der Wahl bei leichten bis mittelschweren Migräneanfällen. Allerdings birgt eine dauerhafte Einnahme der Tabletten selbst wiederum die Gefahr, Kopfschmerzen auszulösen.
Zur Vorbeugung weiterer Migräne Episoden gibt es verschiedene Medikamente. Je nach Ausprägung der Migräne, Begleiterkrankung und individuellen Bedürfnissen können sowohl Betablocker und Antikonvulsiva als auch Kalziumantagonisten eingesetzt werden. Diese sind rezeptpflichtig.
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