Ärztin begutachtet MRT Bilder eines Patienten mit Multipler Sklerose.
  1. Multiple Sklerose: Ursachen und Krankheitsentstehung
  2. Multiple Sklerose: Symptome
  3. Diagnostik der MS
  4. Multiple Sklerose: Therapie
  5. Häufige Fragen zu Multipler Sklerose
Ärztin begutachtet MRT Bilder eines Patienten mit Multipler Sklerose.

Das durchschnittliche Erkrankungsalter für Multiple Sklerose liegt bei 30 Jahren.

Multiple Sklerose (MS oder Encephalomyelitis disseminata) ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die mit chronisch entzündlichen Veränderungen des Gehirns oder des Rückenmarks einhergeht. Verschiedene Verlaufsformen der Erkrankung sind bekannt, die häufigste mit 85 Prozent ist die schubförmig remittierende MS. Die Ursache für die Entstehung der MS ist weitgehend ungeklärt, diskutiert werden erbliche Faktoren sowie eine Autoimmunkomponente nach Infektion mit dem Eppstein-Barr-Virus (EBV). Betroffene leiden unter stark variierenden neurologischen Symptomen wie Sehbeschwerden, Störungen der Sensibilität, Fatigue sowie Lähmungen.

Auf einen Blick
  • Frauen erkranken 2- bis 3-mal häufiger an Multipler Sklerose als Männer.
  • Weltweit sind etwa 2,5 Millionen Menschen von Multipler Sklerose betroffen.
  • Die Krankheit tritt vermehrt bei Menschen europäischer Abstammung auf.
  • Etwa ein Drittel aller PatientInnen sind nach 25 Erkrankungsjahren nicht mehr gehfähig

Multiple Sklerose: Ursachen und Krankheitsentstehung

Die Ursachen der MS sind nicht abschließend geklärt. Möglicherweise liegt eine Autoimmunreaktion nach Infektion mit dem Eppstein-Barr-Virus zugrunde. Auch genetische Komponenten und Umwelteinflüsse wie Rauchen, Übergewicht, Infekte sowie Vitamin-D-Mangel könnten eine Rolle spielen. Aktuell wird die MS zu den Autoimmunerkrankungen gezählt. Es kommt zur Infiltration des zentralen Nervensystems (Rückenmark und Gehirn) mit T-Lymphozyten, deren Aktivität sich gegen Strukturen des körpereigenen Nervensystems richtet. Die T-Zell-Aktivität verursacht sogenannte MS-Läsionen. Dabei handelt es sich um entzündlich veränderte Herde im zentralen Nervensystem. Innerhalb dieser Herde wird die schützende Hülle der Nervenzellen angegriffen (Demyelinisierung), außerdem kommt es zu direkten Nervenschäden (Neurodegeneration). Die Läsionen können im gesamten zentralen Nervensystem auftreten. Typische Orte für entzündliche Herde sind der Hirnstamm, das Rückenmark, das Kleinhirn und kortexnahe Areale.

Multiple Sklerose: Symptome

Die MS beginnt in den meisten Fällen mit einem isolierten, schubförmig auftretenden Symptom. Häufige Erstsymptome sind Sehstörungen durch eine Entzündung des Sehnervs, gestörte Sensibilität oder Fatigue. In der Regel bleiben die Symptome nicht länger als wenige Tage bis Wochen bestehen und bilden sich teilweise oder vollständig zurück. Bei selteneren Formen der Erkrankung ist auch eine stetig zunehmende Symptomatik möglich. Nach dem ersten Schub kann eine lange symptomfreie Phase folgen, in einigen Fällen bleibt die Erkrankung nach dem ersten Schub ein Leben lang klinisch stumm.

Verlaufsformen der Multiplen Sklerose
  • Schubförmig remittierende MS (RRMS): Schubweises Auftreten von Symptomen, welche sich im Verlauf teilweise oder vollständig zurückbilden. Mit 85 Prozent aller Erkrankungen die häufigste diagnostizierte Form bei Erstdiagnose. Die Abkürzung steht für die englische Bezeichnung Relapsing Remitting Multiple Sclerosis.
  • Sekundär progrediente MS (SPMS): Stetige Zunahme der Symptome nach initial schubförmigem Verlauf. Die SPMS geht immer aus einer RRMS hervor. Schübe sind weiterhin möglich, jedoch findet auch zwischen den Schüben ein Krankheitsprogress statt.
  • Primär progrediente MS (PPMS): Kein schubförmiger Verlauf, sondern stetige Symptomverschlechterung und konstante Zunahme der Behinderung. Bei Erstdiagnose macht die PPMS 15 Prozent aller Fälle aus.

Je nach Ort der Läsion im Gehirn oder Rückenmark können verschiedenste Symptome auftreten. Dazu zählen:

  • Sehstörungen und Schmerzen bei Augenbewegung

  • Eingeschränkte Augenbewegung, Lähmung der Augenmuskeln

  • Sensibilitätsstörungen: Kribbeln, gestörtes Schmerz- und Temperaturempfinden, elektrische Missempfindungen

  • (Spastische) Lähmungen mit übersteigerten Reflexen

  • Gangstörungen

  • Sprachstörungen

  • Inkontinenz

  • Erektionsstörungen

  • Schmerzen: Kopfschmerzen oder Migräne, Nervenschmerzen, Muskelschmerzen, Rückenschmerzen

  • Müdigkeit, Erschöpfung, Fatigue

  • Gedächtnisstörungen, Depression, Euphorie, Demenz

Diagnostik der MS

Die Verdachtsdiagnose Multiple Sklerose wird in der Regel im Rahmen einer neurologischen Anamnese und Untersuchung anhand von typischen Erstsymptomen wie Sehnervenentzündung, Sensibilitätsstörungen oder anhaltender Fatigue gestellt. Ein spezifischer Multiple Sklerose Test existiert aktuell nicht. Die MS ist eine Ausschlussdiagnose, andere mögliche Ursachen für die Symptomatik müssen diagnostisch ausgeschlossen werden, um eine MS bestätigen zu können.

Wurde der Verdacht auf Multiple Sklerose gestellt, schließen sich weitere Untersuchungen wie eine Magnetresonanztomografie (MRT) und die Untersuchung des Hirnwassers (Liquor) an. Mittels dieser Untersuchungen soll nachgewiesen werden, dass entzündliche Herde mit wechselnder Lokalisation im zentralen Nervensystem auffindbar sind und diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgetreten sind. Man spricht von zeitlicher und örtlicher Dissemination.

Die Läsionen sind im MRT sichtbar und lassen sich je nach Signalintensität zeitlich einordnen. Im Liquor werden Entzündungsparameter sowie Bestandteile autoimmuner Antikörper nachgewiesen.

Es gibt Faktoren im Krankheitsverlauf, die sich positiv oder negativ auf die Prognose der Erkrankung auswirken.

Prognostisch günstig:

  • Erkrankung vor dem 35. Lebensjahr
  • Monosymptomatischer Beginn mit Sensibilitätsstörung
  • Remission nach dem ersten Schub

Prognostisch ungünstig:

  • Höheres Erkrankungsalter
  • Polysymptomatischer Beginn mit langen Schüben
  • Keine vollständige Remission nach dem ersten Schub

Multiple Sklerose: Therapie

Die Therapie der MS lässt sich in drei Säulen einteilen. Bei einer schubartig auftretenden Form ist die erste Säule die Schubtherapie. Diese besteht aus dem Einsatz von Glukokortikoiden und, bei ausbleibender Wirkung dieser, aus einer Plasmapherese. Bei der Plasmapherese wird der Plasmaanteil des Bluts entnommen und durch Plasmakonzentrate ersetzt.

Die zweite Säule bildet die verlaufsmodifizierende Therapie. Dabei nehmen PatientInnen kontinuierlich Medikamente ein, die das Voranschreiten der Erkrankung verlangsamen sowie die Schubfrequenz reduzieren. Zum Einsatz kommen individuell ausgewählte immunmodulierende sowie immunsuppressive Medikamente. Die Auswahl dieser erfolgt je nach Krankheitsverlauf und spezifischen Risikofaktoren.

Die dritte Therapiesäule bildet die symptomatische Therapie zur Symptomlinderung. Hier kommen, je nach Art der Beschwerden, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Psychotherapie zur Anwendung. Medikamentös können Baclofen oder Botulinumtoxin (Botox) gegen Spastiken eingesetzt werden. Auch Cannabinoide können unterstützend eingenommen werden.

Zur Verbesserung der Gehfähigkeit kommen Präparate aus der Gruppe der Kaliumkanal-Blocker in Frage. Einer Fatigue-Symptomatik kann mit moderatem Ausdauertraining und ausgewogener Ernährung begegnet werden. Für die Therapie einer Harninkontinenz eignet sich Verhaltenstherapie sowie anticholinerge Medikamente. Mögliche Erektionsstörungen können symptomatisch mit PDE-5-Hemmern, natürlichen Potenzmitteln oder mechanischen Erektionshilfen behandelt werden, sofern diese indiziert sind.

Multiple Sklerose – Lebenserwartung

Die Lebenserwartung ist bei einer MS-Erkrankung um ungefähr 6 bis 7 Jahre reduziert.

Häufige Fragen zu Multipler Sklerose

Die Lebenserwartung bei MS ist etwa um 6 bis 7 Jahre reduziert. Der Grad der Behinderung nimmt im Laufe der Zeit zu.

Das mittlere Erkrankungsalter für Multiple Sklerose liegt bei 30 Jahren.

Die Auslöser für MS sind nicht abschließend geklärt. Diskutiert werden eine Autoimmunreaktion nach Infektion mit dem Eppstein-Barr-Virus sowie genetische Komponenten und Umweltfaktoren.

Es gibt keine speziellen Diät-Empfehlungen bei Multipler Sklerose.

Nach Angaben der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) ist das Risiko, dass die COVID-Impfung einen MS-Schub auslöst, extrem gering. Es ist nicht klar, ob die Impfung mit Totimpfstoffen überhaupt in Zusammenhang mit der Entstehung von MS-Schüben gebracht werden kann. Dahingegen sind Infektionen, dazu zählt auch die Infektion mit dem Coronavirus, häufig Auslöser von Schüben.

Schmerzen können bei MS an verschiedenen Lokalisationen auftreten. Typisch sind Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Nervenschmerzen und Sensibilitätsstörungen.

Quellen

  • Dobson R, Giovannoni G: Multiple sclerosis - a review. Eur J Neurol 2019; 26: 27–40.

  • Howard J, Trevick S, Younger DS: Epidemiology of Multiple Sclerosis. Neurol Clin 2016; 34: 919–39.

  • Oh J, Vidal-Jordana A, Montalban X: Multiple sclerosis: clinical aspects. Curr Opin Neurol 2018; 31: 752–9.

  • Multiple Sklerose. AMBOSS. 2022. https://www.amboss.com/de/wissen/multiple-sklerose

  • Multiple Sklerose. Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V. (DMSG). 2022. https://www.dmsg.de/

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