Östradiol (E2)

Laborwerte richtig verstehen: Östradiol (Estradiol) und andere Werte mit ÄrztInnen besprechen

  1. Was bewirkt Östradiol im Körper?
  2. Wann sollte Östradiol-Wert bestimmt werden?
  3. Laboruntersuchung Östradiol
  4. Ursachen Östradiol zu niedrig
  5. Ursachen Östradiol zu hoch
  6. Östradiol bei Kinderwunsch
  7. Fakten zum weiblichen Sexualhormon Östradiol

Östradiol wird auch als Estradiol, 17-Beta-Östradiol oder E2 bezeichnet. Es ist ein weibliches Sexualhormon und gehört zu den Östrogenen. Der Östradiol-Wert im Blut ist Teil der Fertilitätsdiagnostik bei unerfülltem Kinderwunsch.

Was bewirkt Östradiol im Körper?

Bei geschlechtsreifen Frauen ist Östradiol (E2) das wichtigste der Östrogene. Östron (E1) spielt nach der Menopause eine größere Rolle, Östriol (E3) bei der Diagnostik von Schwangerschaftsstörungen. Bei Frauen findet die Östradiol-Bildung vor allem in den Eierstöcken und zu einem kleineren Teil in der Nebenniere statt. Bei schwangeren Frauen wird auch in der Plazenta Östradiol synthetisiert und bei Männern wird Östradiol in den Hoden und Nebennieren gebildet.

Zusätzlich werden sowohl bei Frauen als auch bei Männern Östrogene im Fettgewebe synthetisiert. Je mehr Fettzellen, desto höher die Östrogenproduktion. Bei Frauen und auch Männern kann dadurch das Brustkrebsrisiko erhöht sein. Übergewichtige Männer leiden oft unter Gynäkomastie, einer Vergrößerung der Brustdrüsen. Zu hohe Östrogenspiegel bei Kindern führen zu einer verfrühten Ausbildung der sekundären Geschlechtsmerkmale.

Das follikelstimulierende Hormon (FSH) stimuliert die Ausschüttung von Östradiol aus heranreifenden Follikeln in den Eierstöcken (Ovarien). Außerdem kann das weibliche Geschlechtshormon Östradiol aus dem männlichen Geschlechtshormon Testosteron oder aus Östron, einem anderen Östrogen, entstehen. Im Blut liegt Östradiol hauptsächlich an Transportproteine gebunden vor.

Wirkung von Östradiol

Vor der weiblichen Geschlechtsreife:

  • Differenzierung der biologischen Geschlechter während Embryonalentwicklung
  • Ausbildung weiblicher Geschlechtsorgane
  • Ausprägung sekundärer weiblicher Geschlechtsmerkmale während Pubertät

Bei geschlechtsreifen Frauen:

  • Regulation Menstruationszyklus
  • Stimulation Brustwachstum

Bei Männern und Frauen:

  • Knochenwachstum
  • Erhalt der Knochenmasse
  • Förderung der Blutgerinnung
  • Förderung der Durchblutung
  • Senkung Cholesterinspiegel

Da es eine höhere Affinität zu den Östrogen-Rezeptoren hat, ist Östradiol wirkungsvoller als die anderen Östrogene. Diese spielen bei geschlechtsreifen Frauen, also nach der Pubertät und vor den Wechseljahren, eine eher untergeordnete Rolle.

Wann sollte Östradiol-Wert bestimmt werden?

Da Östradiol das wirksamste Östrogen ist, gibt es viele Gründe, eine Diagnostik zu veranlassen:

Laboruntersuchung Östradiol

Östradiolspiegel sind zyklusabhängig, deshalb muss bei Blutentnahme unbedingt auch der Zyklustag dokumentiert werden. Weiterhin kann, falls vorhanden, Follikelgröße und -zahl aus Ultraschall-Untersuchungen angegeben werden. Wenn möglich sollte außerdem vor der Blutabnahme für 6 Wochen auf die Einnahme von Hormonpräparaten verzichtet werden.

Der Östradiolspiegel kann beeinflusst werden durch:

  • Zyklusphasen
  • Orale Kontrazeptiva wie die Antibabypille
  • Weitere Hormonpräparate, z. B. Hormonersatztherapie (HET)
  • Vorliegen einer Leberzirrhose
  • Hochdosierte Biotin-Therapien

Beim Kontakt mit Kaninchen oder mit Impfstoffen, die Kaninchenserum enthalten, können Anti-Kaninchen-Antikörper gebildet werden. Bei der angewendeten Analysemethode (ECLIA) wird mit Antiseren gearbeitet. Bei einigen Herstellern ist der aus Kaninchen gewonnene biotinylierte monoklonale Anti-Estradiol-Antikörper enthalten. Dieser reagiert extrem auf Kaninchen-Antikörper und verfälscht damit die Ergebnisse.

Östradiolspiegel messen

Für die Bestimmung der Östradiol-Werte werden 0,5 ml Blutserum benötigt. Diese können Speziallabore mithilfe eines Elektrochemilumineszenz-Immunoassays (ECLIA) auswerten. Dabei werden speziell präparierte Antikörper eingesetzt. Diese binden an Zielstrukturen und können durch einen äußeren Reiz aktiviert werden. Im aktiven Zustand strahlen sie Licht aus und können so einfach detektiert und quantitativ bestimmt werden.

Östradiol-Werte Tabelle

Östradiol-Werte sind von vielen Faktoren abhängig. Dazu zählen Geschlecht, Alter bzw. Entwicklungsstadium, Zyklusphase oder auch das Vorliegen einer Schwangerschaft. Außerdem kommt es durch leicht unterschiedliche Durchführungen der Analysemethoden zu Schwankungen zwischen den einzelnen Laboren. Deshalb enthält jeder Befund Referenzwerte, die für das jeweilige Labor spezifisch sind. Ergebnisse dieser Analysen sollten immer mit behandelnden ÄrztInnen besprochen werden.

Östradiol-Werte bei Jungen und Männern:

  • Vor der Pubertät: 3–7 pg/ml (11–26 pmol/l)
  • Nach der Pubertät: 12–34 pg/ml (44–125 pmol/l)

Ursachen Östradiol zu niedrig

Bei Frauen kann Östradiol-Mangel diverse Ursachen haben, von denen einige medikamentös therapiert werden sollten. Für Männer spielen niedrige Östradiol-Werte keine Rolle, es sind keine Ursachen bekannt.

Mögliche Ursachen für niedrige Östradiol-Werte bei Frauen:

  • Störungen der Eierstöcke (z. B. Ovarialinsuffizienz, Amenorrhoe)

  • Hypogonadismus

  • Anovulatorische Zyklen

  • Wechseljahre

  • Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln

  • Weitere Medikamente (z. B. Androgene, Psychopharmaka)

Ursachen Östradiol zu hoch

Der häufigste Grund für hohe Östradiol-Werte bei Frauen ist ein anstehender Eisprung. In diesem Zusammenhang hat ein hoher Östradiolspiegel keinen Krankheitswert. Bei Frauen und Männern gibt es unterschiedliche Ursachen für hohe Östradiol-Konzentrationen.

Mögliche Ursachen für hohe Östradiol-Werte bei Frauen:

  • Krankhaftes Übergewicht (Adipositas)
  • Follikelpersistenz (ausbleibender Eisprung mit übermäßiger Hormonproduktion)
  • Leberfunktionsstörungen (z. B. Leberzirrhose)
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Schwangerschaft
  • Einnahme von künstlichen Östrogenen (z. B. Hormonersatztherapie)
  • Östrogen-produzierende Tumore

Mögliche Ursachen für hohe Östradiol-Werte bei Männern:

  • Krankhaftes Übergewicht (Adipositas)
  • Leberfunktionsstörungen (z. B. Leberzirrhose)
  • Nierenfunktionsstörungen
  • Östrogen-produzierende Tumore

Östradiol bei Kinderwunsch

Bei unerfülltem Kinderwunsch werden u. a. die Werte von Östradiol und dem Follikel-stimulierenden Hormon (FSH) bestimmt. Ergeben die Analysen in der ersten Zyklushälfte hohe Konzentrationen von FSH kombiniert mit einem Östradiol-Mangel, so ist dies ein Hinweis auf die Ursache der Unfruchtbarkeit der Frau.

Niedrige Östradiol-Werte deuten auf einen gestörten Zyklus und eine eingeschränkte Funktion der Eierstöcke hin. Östradiol hat großen Einfluss auf den zyklusabhängigen Aufbau der Gebärmutterschleimhaut sowie die Zusammensetzung des Zervixschleims.

  • Die Konsistenz des Zervixschleims ist wichtig für eine erfolgreiche Befruchtung. Um den Eisprung herum muss der Zervixschleim die richtige Zusammensetzung haben, damit die Spermien bis in die Gebärmutter gelangen.

  • Die Gebärmutterschleimhaut ist essentiell für die erfolgreiche Einnistung von befruchteten Eizellen. Bei zu niedrigen Östradiol-Werten kann der Eisprung ausbleiben oder die Einnistung der Eizellen verhindert sein.

Östradiol erhöhen

Östradiol-Mangel können zu einem gewissen Teil durch eine Ernährung mit Lebensmitteln, die reich an Phytoöstrogenen sind, behoben werden. Phytoöstrogene sind pflanzliche Östrogene, dazu gehören Isoflavone, Lignane, Coumestane und Prenylflavonoide.

Lebensmittel mit Isoflavonen:

  • Soja
  • Lebensmittel auf Sojabasis
  • Hülsenfrüchte

Lebensmittel mit Lignanen:

  • Leinsamen
  • Vollkorngetreide
  • Obst und Gemüse
  • Sesamsamen
  • Hülsenfrüchte

Lebensmittel mit Coumestanen:

  • Spalterbsen
  • Pintobohnen
  • Limabohnen
  • Alfalfa
  • Kleesprossen

Lebensmittel mit Prenylflavonoiden:

  • Hopfen
  • Bier

Sind Östradiol-Konzentrationen krankhaft erniedrigt und führen zu Einschränkungen der Lebensqualität, wie z. B. Unfruchtbarkeit oder Wechseljahresbeschwerden, sollte in Absprache mit ÄrztInnen eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden.

Fakten zum weiblichen Sexualhormon Östradiol

  1. Viele orale Kontrazeptiva wie die Antibabypille enthalten künstliches Östradiol als hormonellen Wirkstoff.
  2. Östradiol-Mangel kann zu Unfruchtbarkeit führen.
  3. Die Östradiolspiegel nach den Wechseljahren sind nur etwa 5 % so hoch wie bei geschlechtsreifen Frauen kurz vor dem Eisprung.
  4. Östradiol kann zur Behandlung von Akne eingesetzt werden.
  5. 17-Beta-Östradiol ist das hormonell wirksamste Östrogen, 17-Alpha-Östradiol hat kaum hormonelle Wirksamkeit.

Quellen

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