Mann_in_Kneipe_lehnt_Alkohol_ab
  1. Was ist Alkoholismus?
  2. Symptome und Folgen von Alkoholismus
  3. Ab wann spricht man von Alkoholismus?
  4. Wie wirkt sich Alkoholismus auf die Psyche aus?
  5. Ursachen: Welche Faktoren begünstigen eine Alkoholsucht?
  6. Wie erkenne ich, ob jemand ein Alkoholproblem hat?
  7. Diagnose von Alkoholismus
  8. Was kann man gegen eine Alkoholsucht tun?
  9. Tipps von der Psychologin
  10. Tipps für Angehörige
  11. Häufige Fragen zu Alkoholismus
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In Deutschland sind 1,61 Millionen Menschen akut alkoholabhängig.

Was ist Alkoholismus?

Alkoholismus beschreibt eine Erkrankung, bei der die Betroffenen charakteristisch ein Suchtverhalten in Form von Verlangen nach Alkohol zeigen. Dabei werden nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Personen als Alkoholiker bezeichnet, wenn die Abhängigkeit vom Alkohol einen solchen Grad erreicht hat, dass diese deutlich seelischen Störungen aufweisen. Zusätzlich wird auch eine Beeinträchtigung der körperlichen und seelischen Gesundheit, der sozialen Beziehungen und der wirtschaftlichen Funktionen einer solchen Entwicklung als Anzeichen gesehen.

Im ICD-10 wird bei Störungen durch Alkohol neben anderen Störungsbildern zwischen Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit unterschieden. Im folgenden Artikel wird hauptsächlich der Aspekt der Alkoholabhängigkeit thematisiert.

Symptome und Folgen von Alkoholismus

Viele Betroffene erkennen den Übergang von einem normalen Alkoholkonsum zum Alkoholismus nicht, da der Weg in die Abhängigkeit meist schleichend passiert. Folgende Symptome können auf einen möglichen Alkoholismus hinweisen:

  • Starkes Verlangen bzw. eine Art Zwang, nach Konsum von Alkohol

  • Verlust der Kontrolle, wann und wie viel man trinkt

  • Toleranzentwicklung

  • Körperliche Entzugssymptome, dazu gehören Zittern, Schweißausbrüche, Unruhe und Nervosität

  • Vernachlässigung anderer Interessen und Bedürfnisse

Je mehr der o.g. Merkmale innerhalb eines 12-Monats-Zeitraums auftreten, desto schwerer wird die Abhängigkeit eingeschätzt.

  • Körperlicher Verfall

  • Langfristig macht sich Alkoholismus auch optisch bemerkbar: im Gesicht, auf der Haut, an glasigen, geröteten Augen oder Nase

Ab wann spricht man von Alkoholismus?

Es ist generell schwierig abzuschätzen, wann Personen von einer Alkoholsucht betroffen sind, da der Übergang vom normalen Alkoholkonsum in eine Alkoholkrankheit fließend geschieht. Aus diesem Grund erkennen viele meist zu spät oder auch gar nicht, dass sie unter einer Alkoholabhängigkeit leiden.

Eine Alkoholsucht kann vorliegen, wenn die Betroffenen ein zwanghaftes Verlangen nach Alkohol verspüren und die Kontrolle über die Menge und Häufigkeit des Konsums verloren haben.

Dabei können folgende Empfehlungen helfen, um den eigenen Alkoholkonsum einzuschätzen:

  • Frauen sollten nicht mehr als 12 Gramm Alkohol pro Tag konsumieren (ein kleines 0,3 Liter Bier)

  • Männer sollten nicht mehr als 24 Gramm Alkohol pro Tag konsumieren (zwei kleine Bier)

  • Ebenfalls sollte man Alkoholpausen einhalten, das heißt mindestens 2 Tage die Woche gar nicht trinken

Wie wirkt sich Alkoholismus auf die Psyche aus?

Ein langfristiger Alkoholkonsum kann sich sehr negativ auf die Psyche auswirken. Das Gehirn leidet massiv unter dem Missbrauch und kann zu nachlassenden geistige Fähigkeiten, Persönlichkeitsveränderungen, Demenzerkrankungen und weiteren psychischen Erkrankungen führen. Dazu gehören Angstzustände, Depressionen und Suizidgedanken.

Ursachen: Welche Faktoren begünstigen eine Alkoholsucht?

Es kann verschiedene Faktoren geben, die zur Entstehung einer Alkoholabhängigkeit beitragen. Dazu gehören einerseits individuelle Faktoren, wie zum Beispiel eine genetische Veranlagung oder die Lebensgeschichte einer Person. Zum anderen können soziale Rahmenbedingungen und Beziehungen Personen stark beeinflussen. Auch die spezifische Wirkung von Alkohol und die Verfügbarkeit von Alkohol sind Faktoren, die eine Sucht begünstigen können.

Es lässt sich oft beobachten, dass es starke familiäre Häufungen von Alkoholproblemen gibt. Dieses Phänomen begründen WissenschaftlerInnen damit, dass Kinder bereits früh das Verhalten des Alkoholkonsums in der Familie sehen und sich dieses Verhalten von ihren Vorbildern abschauen. Auch eine genetische Disposition ist hier ein entscheidender Faktor. Denn Kinder von alkoholabhängigen Eltern tragen eine genetische Veranlagung zum Alkoholismus in sich. Diese Erkenntnisse konnten WissenschaftlerInnen aus Untersuchungen an Adoptivkindern feststellen. Obwohl in der Adoptivfamilie keiner trank, neigten die Kinder, deren leibliche Eltern alkoholabhängig waren, selber zu der Sucht.

Wie erkenne ich, ob jemand ein Alkoholproblem hat?

Es ist nicht einfach, Alkoholiker zu erkennen. Dies gilt besonders für hochfunktionale Alkoholiker. Es gibt jedoch einige Anzeichen, die auf eine Alkoholkrankheit hinweisen können:

  • Auftreten von Unzuverlässigkeit, Unpünktlichkeit, Aggressivität und Desinteresse, besonders wenn man es von der Person sonst nicht gewohnt ist

  • Verschlechterungen des Hautbilds wie Rötungen, Ekzeme oder Schuppenflechte

  • Das Leben und die Aussage der Person drehen sich vermehrt um Alkohol

Wenn Angehörige den Verdacht auf eine Alkoholabhängigkeit haben, sollten diese das Thema ruhig und sachlich ansprechen und Hilfe anbieten.

Flasche und Glas Rotwein mit Frau im Hintergrund

Diagnose von Alkoholismus

Ein Alkoholmissbrauch wird generell von AllgemeinmedizinerInnen bei einer gewöhnlichen Gesundheitsuntersuchung diagnostiziert. Jedoch können auch PsychotherapeutInnen einzelne Aspekte der Diagnose einleiten.

Dabei ist es nicht immer einfach, eine Alkoholsucht bei den Betroffenen zu diagnostizieren, da diese sich meist nicht bewusst über die Krankheit sind oder aufgrund von Scham diese nicht zugeben möchten. Deswegen spielen die Erkrankten den Konsum vor den Angehörigen und der ÄrztInnen häufig herunter oder versuchen, ihn komplett zu verheimlichen. Daher müssen ÄrztInnen in diesem Zusammenhang nicht nur sehr aufmerksam sein, sondern auch viel Fingerspitzengefühl an den Tag legen. Denn wenn die PatientInnen die Krankheit nicht anerkennen, kann selbst eine fundierte Diagnose Betroffene nicht zu einer Therapie bewegen. Dabei ist es gerade die Therapie- bzw. Abstinenzmotivation, die für eine erfolgreiche Behandlung entscheidend ist.

Laut dem ICD-10 lässt sich die Alkoholabhängigkeit an sechs Kriterien erkennen, wenn mindestens drei davon innerhalb des letzten Jahres nachweisbar waren. Dabei stehen der starke Wunsch nach Konsum von Alkohol (das sog. Craving), die Kontrollminderung durch den Alkoholkonsums sowie die Toleranzentwicklung im Fokus.

Wichtig: eine Alkoholabhängigkeit kann vorliegen, auch ohne das Vorhandensein körperlicher Entzugssymptome oder einer Toleranzentwicklung.

Um eine Alkoholabhängigkeit zu diagnostizieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine Selbsteinschätzung kann ein wichtiger Faktor sein, sollte aber kritisch betrachtet werden, da wie bereits beschrieben, Betroffene den Konsum häufig falsch einschätzen. Die Angst vor einer negativen Bewertung von außen ist groß. So werden Personen mit Alkoholerkrankungen oft stärker stigmatisiert als Menschen mit anderen psychiatrischen Erkrankungen.

Sogenannten Screening-Verfahren, wie beispielsweise der Alkoholiker-Test, sind systematische Testverfahren. Sie können behandelnden ÄrztInnen weitere Hinweise liefern. Bekannte Tests sind der AUDIT-Test und der CAGE-Test.

Diese Verfahren werden von Laboruntersuchungen ergänzt, denn ein Alkoholmissbrauch lässt sich an Blutwerten nachweisen.

Was kann man gegen eine Alkoholsucht tun?

Es gibt verschiedene Arten der Therapie für eine Alkoholsucht. Dabei kann man entweder eine ambulante oder stationäre Therapie wählen. Diese Behandlung kann ebenfalls medikamentös begleitet werden.

Die besten Aussichten auf einen andauernden Behandlungserfolg bietet ein Alkoholentzug in einer qualifizierten Entzugsklinik. Auch eine Selbsthilfegruppe kann vielen Betroffenen helfen, indem Sie sich über die Probleme mit anderen Süchtigen austauschen können. Des Weiteren können Motivations- oder Verhaltenstherapie oder eine langfristig angelegte tiefenpsychologische Therapie zum Erfolg führen.

Das sagt die Psychologin:
Psychologin Christine Schmeck

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Alkohol ein Problem in Ihrem Leben ist oder es in diese Richtung geht, sollten Sie sich Hilfe holen. Je länger und je mehr Sie trinken, desto akuter und gefährlicher werden die Entzugserscheinungen.

Tipps von der Psychologin

Das sagt die Psychologin Christine Schmeck:

Zur Unterstützung gibt es Strategien, die dabei helfen können, neue Routinen aufzubauen, um den Alkoholkonsum einzuschränken bzw. diesen komplett einzustellen:

Erkennen Sie Ihre Triggerpunkte:

  • Welche inneren und äußeren Auslöser wie Personen, Orte, Tageszeiten, negative Gefühle, wie Trauer, oder auch positive Gefühle wecken das Verlangen nach Alkohol in Ihnen? Sobald Sie sich dieser Auslöser bewusst sind, lassen sich Möglichkeiten finden, den Alkohol zu vermeiden und Alternativen zu finden.
  • Beschäftigen Sie sich bewusst mit anderen Dingen: Anstatt Zeit in einer Bar zu verbringen, gehen Sie spazieren, treiben Sport oder suchen andere Orte und Aktivitäten auf, an denen nicht getrunken wird.
  • Bewahren Sie keinen Alkohol zu Hause auf: hat man einfachen Zugang zu Alkohol, erhöht das ganz klar die Wahrscheinlichkeit, diesen auch zu konsumieren.
  • Reduzieren Sie die Anzahl der Getränke: Am besten erarbeiten Sie sich einen ganz praktischen Präventionsplan und beginnen damit Ihre tägliche oder wöchentliche Anzahl an Getränken zu reduzieren. So können Sie einer Sucht rechtzeitig entgegenwirken – dieser Prozess passiert schrittweise und braucht Zeit.
  • Suchen Sie sich soziale Unterstützung: Welche Person in Ihrem Umfeld kann Sie positiv beeinflussen, Ihr Selbstvertrauen stärken und Ihnen helfen, übermäßigen Alkoholkonsum zu vermeiden? Für schwerwiegende Veränderungen im Leben sollte man sich immer Unterstützung suchen! Das kann zunächst ein Freund oder jemand aus der Familie sein.
  • Zuletzt: Alkoholismus ist eine schwere Erkrankung, die professionelle Hilfe während der Behandlung und Genesung benötigt. Durch spezielle Alkoholbehandlungsprogramme ist es möglich, die Kontrolle über das eigene Leben zurückzugewinnen und ein produktives Leben zu führen. Wenn der Alkoholismus eine Person überwältigt hat, die nicht die nötige Unterstützung finden kann, gibt es Fachleute, mit denen man reden kann.

Tipps für Angehörige

Das sagt die Psychologin Christine Schmeck:

Versuchen Sie zunächst, das Thema auf eine nicht wertende Weise anzusprechen:

  • Zeigen Sie Besorgnis und Fürsorge
  • Erwarten Sie nicht, dass die Person direkt mit dem Trinken aufhört
  • Machen Sie sich bewusst, dass die Genesung ein fortlaufender Prozess ist
  • Geben Sie sich nicht selbst die Schuld oder nehmen das Verhalten persönlich
  • Trinken Sie niemals gemeinsam mit der Person
  • Bieten Sie an, gemeinsam Unterstützung zu untersuchen
  • Suchen Sie sich auch als Angehöriger Unterstützung in einer Selbsthilfegruppe

Häufige Fragen zu Alkoholismus

Bei Carbohydrat-defizientes Transferrin (CDT) und Gamma-Glutamyl-Transferase (γ-GT) handelt es sich um biochemische Marker im Serum zum Nachweis eines Alkoholmissbrauchs. Diese Werte sind bei einem langzeitigen Alkoholmissbrauch erhöht. CDT gilt dabei als der zuverlässigste Wert, um Alkoholismus nachzuweisen.

Eine Alkoholabhängigkeit kann durch mehrere Faktoren begünstigt werden. Meistens kommt es zu einem Zusammenspiel von biologischen, psychologischen und soziologischen Faktoren, wie:

  • genetische Disposition
  • schwierige soziale Umstände
  • mentale Erkrankungen
  • psychische Traumatisierung
  • kritische Lebensereignisse

Quellen

Berger M, Hecht H: Psychische Erkrankungen: Klinik und Therapie. 5th ed. München: Elsevier Urban & Fischer 2008.

Feuerlein W, Küfner H, Soyka M: Alkoholismus - Missbrauch und Abhängigkeit: Entstehung - Folgen - Therapie. Georg Thieme Verlag 2011.

Grant BF, Stinson FS, Dawson DA, et al.: Prevalence and Co-occurrence of Substance Use Disorders and IndependentMood and Anxiety Disorders. Arch Gen Psychiatry 2004; 6): 807.

Organization WH: Global Status Report on Alcohol and Health 2018. Geneva: World Health Organization 2019.

Von Heyden M, Jungaberle H, & Majić T: Handbuch Psychoaktive Substanzen. Springer Berlin Heidelberg 2018.

Tecklenburg HJ: Alkoholismus. In: Praxis der Personzentrierten Psychotherapie Springer, Berlin, Heidelberg 2018. 281-289.

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