Tablette zur Vorbeugung von HIV-Infektionen. Prä-Expositions-Prophylaxe PrEP.
  1. Antiretrovirale Therapie (ART) zur HIV-Behandlung
  2. Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) zur Vorbeugung nach Kontakt
  3. Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) zur Vorbeugung vor Kontakt
  4. Sind HIV und AIDS deshalb ungefährlich?
  5. Häufige Fragen zu HIV-Therapien
Tablette zur Vorbeugung von HIV-Infektionen. Prä-Expositions-Prophylaxe PrEP.

In Deutschland waren im Jahr 2020 schätzungsweise 90 % der HIV-Infektionen diagnostiziert, von den Diagnostizierten erhalten 97 % eine medikamentöse Therapie, bei 96 % der Therapierten ist das HI-Virus nicht mehr nachweisbar.

Infektionen mit HIV (Humanes Immundefizienz Virus) lassen sich heutzutage sehr gut behandeln. Eine Heilung ist jedoch nicht möglich, da das Virus ein Leben lang im Körper verbleibt. Unbehandelt führt eine HIV-Infektion zum Ausbruch von AIDS (Akquiriertes Immundefizienz Syndrom). Durch diese Schwächung des Immunsystems kann selbst eine Erkältung tödlich sein.

Auf einen Blick
  • Bei rechtzeitigem Behandlungsbeginn können HIV-Infizierte ein nahezu normales Leben führen
  • Die Medikamente müssen konsequent und ein Leben lang eingenommen werden
  • Kurz nach einer vermuteten Ansteckung kann eine Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) die Infektion mit HI-Viren verhindern
  • Bei Personen mit einem stark erhöhten Risiko kann durch die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) einer HIV-Infektion vorgebeugt werden
  • Trotz der erfolgsversprechenden Behandlungsmethoden bieten Kondome noch immer den besten Schutz vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen

Mit Hilfe von Medikamenten können die HI-Viren in einen Zustand versetzt werden, in welchem sie den Infizierten gesundheitlich nicht belasten und auch nicht an andere Personen weitergegeben werden können. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, direkt nach Kontakt mit infektiösen Körperflüssigkeiten eine Therapie gegen die Einnistung des HI-Virus zu beginnen. Die neuste Errungenschaft auf dem Gebiet der HIV-Vorbeugung ist die sogenannte “Safer Sex”-Pille, welche bei gewissenhafter Einnahme zuverlässig vor einer Ansteckung schützt.

Bei allen Formen der Therapie ist ein rechtzeitiger Beginn ausschlaggebend für den Erfolg. Besteht ein Verdacht auf Ansteckung mit dem HI-Virus, sollte man sich schnellstmöglich testen lassen und/oder in ärztliche Behandlung begeben.

Auch wenn hierzulande effiziente Behandlungen verfügbar sind, so ist ein korrekt angewendetes Kondom noch immer der beste Schutz vor HIV/AIDS und anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen.

Antiretrovirale Therapie (ART) zur HIV-Behandlung

Mit einer antiretroviralen Therapie (ART) werden Personen behandelt, die sich mit dem HI-Virus infiziert haben. Die Viren befinden sich bereits im Körper und könnten sich ohne medikamentöse Therapie weiter ausbreiten, bis es letztendlich zum Ausbruch von AIDS führt. Bei AIDS ist das Immunsystem so sehr geschwächt, dass selbst eine kleine Erkältung tödlich sein kann. In den allermeisten Fällen ist das letzte Stadium einer HIV-Infektion, also AIDS, ein Todesurteil.

Um diese unkontrollierbare Verbreitung der HI-Viren im menschlichen Körper zu unterbinden, werden bei einer ART mehrere Wirkstoffe gleichzeitig eingesetzt. Sie unterdrücken auf verschiedene Weisen die Vermehrung der Viren im Körper und können so AIDS verhindern.

Diese Wirkstoffe werden bei ART in verschiedenen Kombinationen eingesetzt:

= nukleosidische/nukleotidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren

  • Wirkmechanismus: Hemmung der reversen Transkription der RNA des HI-Virus
  • Beispiele NRTI: Emtricitabin, Lamivudin, Abacavir, Zidovudin, Didanosin, Stavudin
  • Beispiele N(t)RTI: Tenofovir

= nicht-nukleosidische Reverse-Transkriptase-Inhibitoren

  • Wirkmechanismus: Hemmung der viruseigenen reversen Transkriptase
  • Beispiele: Rilpivirin, Efavirenz, Nevirapin, Etravirin
  • Wirkmechanismus: Hemmung der katalytischen Protease-Aktivität
  • Beispiele: Darunavir, Atazanavir, Lopinavir, Fosamprenavir, Saquinavir, Indinavir, Ritonavir
  • Wirkmechanismus: Hemmung der Integration der Virus-DNA in die genomische DNA der Zelle
  • Elvitegravir, Raltegravir, Dolutegravir

Bei rechtzeitigem Therapiebeginn und konsequenter Durchführung haben PatientInnen eine (nahezu) normale Lebenserwartung. Jedoch müssen die Medikamente lebenslang eingenommen werden, da eine Heilung, also die komplette Entfernung der HI-Viren aus dem Körper, nicht möglich ist. Oft reicht die Einnahme einer einzigen Tablette am Tag, welche eine Kombination der oben genannten Wirkstoffe enthält.

Die ART senkt die Viruslast im Körper unter die Nachweisgrenze, nur wenige Viren verbleiben “schlafend” im Körper. Somit schützt die Therapie nicht nur die Betroffenen, sondern verhindert auch eine weitere Ausbreitung des Virus, weil in den Körperflüssigkeiten keine Viren mehr enthalten sind. Erfolgreich therapierte HIV-Infektionen sind nicht ansteckend. Die Viren werden dann, anders als bei unbehandelten Personen, nicht mehr beim Geschlechtsverkehr auf den Partner oder bei Schwangerschaft und Geburt auf das Baby übertragen.

Es gibt verschiedene Bezeichnungen für diese Therapiemethode:

  • ART: antiretrovirale Therapie
  • cART: kombinierte (combined) antiretrovirale Therapie
  • HAART: hochaktive antiretrovirale Therapie (veralteter Begriff)

HIV-Therapien inklusive der regelmäßigen Kontrolluntersuchungen sollten in spezialisierten Schwerpunktpraxen oder Klinikambulanzen erfolgen.

Einrichtungen finden: https://www.kompass.hiv/de

SpezialistInnen finden: https://www.dagnae.de/

Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) zur Vorbeugung nach Kontakt

Auch wenn man sich des Risikos von Ansteckungen mit dem HI-Virus bewusst ist, kann es zu Unachtsamkeiten oder Unfällen kommen. Mögliche Szenarien sind ein gerissenes Kondom beim Geschlechtsverkehr mit einem bekanntermaßen oder möglicherweise infizierten Partner oder auch Verletzungen mit Spritzen oder Skalpellen, die bei der Behandlung von HIV-PatientInnen zum Einsatz kamen.

Nach einem solchen Zwischenfall sollte man unverzüglich Kontakt mit einer entsprechenden Einrichtung aufnehmen: https://www.kompass.hiv/de

Gemeinsam mit der behandelnden Person wird das mögliche Risiko erörtert. Dieses ist abhängig von der Art der Übertragung und vom möglichen Infektionsstatus und falls bekannt der Viruslast der übertragenden Person. Es gibt offizielle Leitlinien, anhand derer über die Einleitung einer Post-Expositions-Prophylaxe (PEP) entschieden wird.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in Kontakt mit infektiösem Material zu kommen:

Beruflich

Medizinisches Personal kann sich bei der Behandlung von HIV-Patienten unabsichtlich mit spitzen oder scharfen Gegenständen (z. B. Spritzen, Skalpelle) verletzen und so in Kontakt mit dem infektiösen Blut kommen.

Einrichtungen, bei denen es zu solchen Unfällen kommen kann, sind gut vorbereitet und können unverzüglich eine PEP einleiten.

Sexuell

Wird ein Kondom vergessen oder reißt es beim Sex, so kann es zur Ansteckung mit HI-Viren kommen.

Die Entscheidung für oder gegen eine PEP ist u. a. davon abhängig, ob der Intimpartner eine nachweisliche HIV-Infektion hat, oder ob der HIV-Status unbekannt ist. Umfangreiche Leitlinien geben vor, in welchen konkreten Fällen eine PEP empfohlen wird.

Drogenkonsum

Die gemeinsame Nutzung von Injektionsnadeln zum Drogenkonsum bietet ein hohes Risiko für eine HIV-Infektion.

Über die Einleitung einer PEP wird im Rahmen eines ausführlichen Gespräches, in welchem das genaue Risiko für eine Ansteckung erörtert wird, entschieden.

Transfusionen

In sehr seltenen Fällen kann es durch Bluttransfusionen oder Organtransplantationen zu einer Übertragung von HI-Viren kommen. In diesem Fall wird den Betroffenen immer eine PEP angeboten.

Dieser Übertragungsweg ist in Deutschland (nahezu) ausgeschlossen, da Blut und Organe bzw. deren Spender eingehend geprüft werden.

Von Mutter auf Baby

Bei (werdenden) Müttern mit nicht therapierten HIV-Infektionen kann es vor, während und nach der Geburt zur Übertragung von HIV auf das Baby kommen.

Ein Kaiserschnitt und der Verzicht auf Stillen reduzieren das Risiko. Auch bei Neugeborenen kann eine PEP durchgeführt werden.

Einfach gesagt ist eine PEP die “Vorsorge nach einem Kontakt mit HIV”.

Die Behandlung muss schnell nach der möglichen Übertragung begonnen werden. Idealerweise innerhalb von zwei Stunden nach dem Kontakt, spätestens jedoch nach 24 Stunden; in seltenen Ausnahmefällen wird bis zu 72 Stunden nach dem Kontakt eine PEP eingeleitet. Es gilt aber, dass jede Stunde zählt! Nach einem Vorfall gilt es, umgehend Kontakt mit einer qualifizierten Einrichtung aufzunehmen.

Die verwendeten Wirkstoffe sind ähnlich wie bei der ART. Sie verhindern, dass HI-Viren in Körperzellen eindringen und sich dort vermehren können. Die Medikamente müssen 4 Wochen lang sehr gewissenhaft eingenommen werden. Mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen.

Die Wirksamkeit der PEP wurde in verschiedenen Beobachtungstudien auf 80 bis über 90 Prozent geschätzt. Wichtig ist es, sich nach erfolgtem Kontakt auch auf andere durch Körperflüssigkeiten übertragbare Krankheiten zu testen. Dazu gehört v. a. Hepatitis B, zusätzlich sollte eine Infektion mit Geschlechtskrankheiten ausgeschlossen werden.

Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) zur Vorbeugung vor Kontakt

Bei der Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) geht es darum, den Körper auf mögliche Kontakte mit dem HI-Virus vorzubereiten. Auch hier kommen die bei der ART verwendeten Wirkstoffe zum Einsatz. Die Medikamente werden regelmäßig eingenommen. Dadurch reichern sich die Wirkstoffe u. a. in den Zellen der Schleimhäute (z. B. Vagina, Darm) an. Dringen anschließend HI-Viren in diese Zellen ein, wird durch die Wirkstoffe eine Vermehrung und Verbreitung der Viren verhindert.

Bei korrekter Anwendung soll die PrEP genauso zuverlässig vor HIV-Infektionen schützen wie Kondome – jedoch nicht vor anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen! Aufgrund der hohen Wirksamkeit gilt PrEP sogar als “Safer Sex” Methode. Die vorbeugende Therapie wurde 2016 in der Europäischen Union zugelassen. Seit September 2019 erfolgt für Menschen mit einem Erhöhten HIV-Risiko eine Übernahme der Kosten durch die gesetzlichen Krankenkassen.

Zu den Personengruppen mit erhöhtem HIV-Risiko zählen:

  • Männer und Transgender-Personen, die mit wechselnden Partnern ungeschützten Analverkehr praktizieren
  • SexarbeiterInnen
  • PartnerInnen von Menschen, die eine HIV-Infektion haben und diese (noch) nicht erfolgreich therapieren
  • Bei ungeschütztem Verkehr mit wahrscheinlich infizierten PartnerInnen
  • Drogenabhängige, welche nicht-steriles Spritzbesteck verwenden

Für eine PrEP ist eine engmaschige medizinische Betreuung inklusive regelmäßiger Testungen (u. a. HIV, Nierenfunktion, Geschlechtskrankheiten) erforderlich. Das Rezept für die entsprechenden Medikamente wird für eine 3-monatige Therapie ausgestellt. Damit wird sichergestellt, dass sich die PatientInnen nach diesem Zeitraum wieder in ärztliche Behandlung begeben. Nach erneuten Gesprächen und medizinischen Checkups wird jeweils ein weiteres Rezept ausgestellt.

In einigen Ländern werden neben der kontinuierlichen (täglichen) Einnahme der Präparate auch andere Einnahmeschemata praktiziert. Die intermittierende Einnahme bedeutet, dass die Einnahme der Medikamente gezielt vor und nach einem risikobehafteten sexuellen Kontakt eingenommen werden. Dieses Einnahmeschema wird von den “Deutsch-Österreichischen Leitlinien zur HIV-Präexpositionsprophylaxe” nur in Ausnahmesituationen empfohlen.

Achtung: Die Einnahme der PrEP-Medikamente kann lediglich vor einer HIV-Infektion schützen, nicht aber vor anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STI)!

Sind HIV und AIDS deshalb ungefährlich?

Wir haben heute wirksame Werkzeuge, um HIV zu bekämpfen und AIDS zu verhindern. In Industrieländern sterben heutzutage verhältnismäßig wenige Personen an den Folgen von AIDS.

Dennoch sollte nicht vergessen werden, dass in weniger privilegierten Regionen eine sehr hohe Durchseuchung der Bevölkerung mit HIV besteht. In einigen Ländern der Welt, v. a. im südlichen Afrika, ist jeder Vierte mit dem Virus infiziert. Alleine im Jahr 2020 verstarben weltweit 680.000 Menschen an den Folgen von AIDS.

HIV-Ansteckungen und ein Ausbruch von AIDS sind in den allermeisten Fällen vermeidbar bzw. therapierbar – leider haben nicht alle Menschen Zugang zu diesen Methoden.

Häufige Fragen zu HIV-Therapien

Die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) war bis 2017 noch richtig teuer. Eine Monatsration kostete 600 bis 800 Euro, was für die meisten Menschen unerschwinglich ist. 2017 kam ein günstiges Generikum (Nachahmerpräparat) auf den Markt, welches 51 Euro für 28 Tabletten kostete. Seit 2019 werden die Kosten für diese Medikamente bei Personen aus HIV-Risikogruppen von den Krankenkassen übernommen. Für die Krankenkassen ist das weitaus günstiger als die Behandlung (antiretrovirale Therapie, ART) von HIV-Infektionen.

Grundsätzlich gilt: je früher, desto besser. Eine HIV-Infektion kann nicht geheilt werden, die Viren bleiben ein Leben lang im Körper. Durch eine Therapie kann das Fortschreiten der Infektion gestoppt werden. Nach einem positiven HIV-Test sollte man sich unverzüglich mit einer spezialisierten Einrichtung in Verbindung setzten, mit welcher das weitere Vorgehen abgestimmt wird.

Quellen

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