Rote Schleife (Red Ribbon) als Zeichen für Solidarität mit HIV-Infizierten.
  1. HI-Viren wurden nachträglich nachgewiesen
  2. HIV & AIDS in den 1980er Jahren
  3. HIV & AIDS in den 1990er Jahren
  4. HIV & AIDS in den 2000er Jahren
  5. HIV & AIDS in den 2010er und 20er Jahren
  6. Wie geht es weiter mit HIV & AIDS?
Rote Schleife (Red Ribbon) als Zeichen für Solidarität mit HIV-Infizierten.

Auch wenn in der westlichen Welt erst seit den 1980er Jahren Fälle von AIDS dokumentiert wurden, ist das HI-Virus vermutlich schon vor etwa 100 Jahren von Schimpansen auf den Menschen übergegangen.

Forscher sehen die “Cut-Hunter-Hypothese" als Ursprung von HIV (Humanes Immundefizienz Virus) als sehr wahrscheinlich an. Demnach kam es spätestens in den 1920er Jahren zu einem sogenannten “Spillover” – einer Übertragung von Viren zwischen verschiedenen Spezies, in diesem Falle vom Schimpansen auf den Menschen. Vereinfacht gesagt wird davon ausgegangen, dass bei der Jagd das SIV (Simianes Immundefizienz Virus) von einem Primaten auf den menschlichen Jäger (hunter) übertragen wurde; etwa durch einen Biss oder eine Schnittwunde (cut). Da es im Menschen verschiedene HIV-Stämme gibt, wird sogar davon ausgegangen, dass diese Übertragung zwischen diesen Spezies mehr als einmal vorkam.

HI-Viren wurden nachträglich nachgewiesen

Nachträgliche Analysen konnten HIV in konservierten menschlichen Gewebeproben aus Afrika aus den Jahren 1959 und 1960 nachweisen. Weiterhin wird angenommen, dass HIV in den 1960er und 70er Jahren von Afrika über die Karibik nach Amerika gelangte. In den Vereinigten Staaten konnte sich das Virus etwa ein Jahrzehnt unbemerkt verbreiten, bevor Anfang der 80er Jahre gehäufte Fälle der Immunschwäche AIDS (Akquiriertes Immundefizienz Syndrom) die Aufmerksamkeit von ÄrztInnen, WissenschaftlerInnen und der Bevölkerung erregten.

HIV & AIDS in den 1980er Jahren

Anfang der 1980er Jahre traten in den USA gehäuft Fälle von seltenen Symptomkonstellationen schwerer Krankheiten auf. Die krankhafte Immunschwäche wurde als AIDS bekannt und das HI-Virus als Auslöser identifiziert. Verschiedene Übertragungswege, wie etwa Geschlechtsverkehr, Bluttransfusionen, die gemeinsame Nutzung von Injektionsnadeln und von Müttern auf ihre Neugeborenen wurden bekannt. Auch kamen in dieser Dekade die ersten Medikamente zur Bekämpfung einer HIV-Infektion auf den Markt.

In Amerika treten gehäuft ungewöhnliche Krankheitsbilder von Lungenentzündungen und Kaposi-Sarkomen (sehr seltene Krebsart) bei jungen homosexuellen Männern auf. Die Krankheit wird infolgedessen anfangs als GRID (Gay-Related Immune Deficiency, homosexuell bedingte Immunschwäche) bezeichnet.

Erstmals wird beschrieben, dass die Erkrankung durch Geschlechtsverkehr übertragen und durch ein Virus ausgelöst wird. Als weitere Übertragungswege werden Bluttransfusionen, geteiltes Drogenbesteck für Injektionen und eine Übertragung von Müttern auf Neugeborene identifiziert.

In Europa treten die ersten Fälle auf, in Deutschland wird der erste Patient im Uniklinikum Frankfurt diagnostiziert. Das Robert Koch-institut (RKI) ruft das deutsche AIDS-Fallregister ins Leben.

Die Krankheit wird umbenannt zu AIDS (Acquired Immune Deficiency Syndrome, erworbenes Immunschwäche-Syndrom).

Luc Montagnier und Kollegen veröffentlichen eine Forschungsarbeit über die erstmalige Isolierung des ursächlichen Virus. Ebendieses Virus erhält später die Bezeichnung HIV (Human Immunodeficiency Virus, humanes Immundefizienz-Virus).

Heterosexueller Geschlechtsverkehr wird als Auslöser für die Erkrankung bei Frauen identifiziert. Fälschlicherweise hielt sich das Gerücht, dass AIDS durch alltägliche Kontakte wie Händeschütteln übertragen werden kann. Große Angst in der Bevölkerung führt zu Diskriminierung und Stigmatisierung Betroffener.

Der erste Antikörpertest zum Nachweis einer HIV-Infektion wurde vorgestellt. Ein Nachweis war allerdings erst 10 bis 20 Wochen nach Infektion möglich. Heutige HIV-Tests können bereits 4 bis 6 Wochen nach Ansteckung ein sicheres Ergebnis liefern.

In Deutschland werden von nun an alle medizinisch verwendeten Blutprodukte systematisch auf HI-Viren getestet, um eine Übertragung z. B. bei Bluttransfusionen zu verhindern.

Durch stetig verbesserte Testverfahren liegt heutzutage die Wahrscheinlichkeit, sich durch eine Bluttransfusion mit HIV zu infizieren, bei 1 zu 10 Millionen (1:10.000.000).

Ein weiterer Übertragungsweg von HIV-Ansteckungen wird identifiziert: stillende Mütter können das Virus über die Muttermilch auf Säuglinge übertragen.

Die Food and Drug Administration (FDA, US-Behörde für Lebens- und Arzneimittel) lässt Azidothymidin (AZT) als erstes antiretrovirales Medikament zur Behandlung von HIV-Infektionen zu, welches auch heute noch zum Einsatz kommt (auch unter dem Namen Zidovudin bekannt).

In Großbritannien eröffnet Prinzessin Diana die erste auf HIV und AIDS spezialisierte Krankenhausabteilung. Sie pflegt engen körperlichen Kontakt zu den Infizierten und zeigt dadurch, dass diese Begegnungen unbedenklich sind.

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) startet die Kampagne “Gib AIDS keine Chance” und eine Telefonberatung für Betroffene.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO, World Health Organization) ruft den ersten Welt AIDS Tag aus, das Datum ist der 01. Dezember 1988. Dieser Tag soll auf die Erkrankung aufmerksam machen und mit den Betroffenen solidarisieren. Das Motto dieses ersten Welt AIDS Tages lautete „Schließt Euch den weltweiten Bemühungen an“.

HIV & AIDS in den 1990er Jahren

Die 90er Jahre standen in Deutschland ganz im Zeichen der Aufklärung über AIDS, HIV und die entsprechenden Übertragungswege. Große Kampagnen warben für die Nutzung von Kondomen, das Wort “Safer Sex” hielt Einzug in den deutschen Sprachgebrauch. Weiterhin etablierte sich die rote Schleife als Symbol der Solidarität mit Betroffenen und die UNAIDS zur Koordination des weltweiten Kampfes gegen AIDS wurde gegründet.

In Deutschland geht der Werbespot “Supermarkt” mit Ingolf Lück und Hella von Sinnen “viral”. Im Rahmen der “Gib AIDS keine Chance”-Kampagne wird zur Primetime durch einen Supermarkt geschrien “Rita, was kosten die Kondome?” um auf die Verwendung ebendieser zum Schutz vor AIDS hinzuweisen.

Die Rote Schleife (Red Ribbon) wird weltweit das Symbol für die Solidarität mit HIV-positiven Menschen.

Der Sänger der Band Queen, Freddie Mercury, gibt öffentlich bekannt, an AIDS erkrankt zu sein. Nur einen Tag später erliegt er seiner bereits fortgeschrittenen, schweren Erkrankung.

Die Konferenz sollte ursprünglich in den USA stattfinden. Sie wird allerdings nach Amsterdam verlegt, da HIV-Positive nicht in die Vereinigten Staaten einreisen durften. Diese Einreisebeschränkung wurde erst 2009 durch Barack Obama aufgehoben.

Die Bekleidungsmarke United Colors of Benetton macht mit einer kontroversen Plakatwerbung auf sich aufmerksam. Zu sehen sind ein sterbender AIDS-Patient und seine trauernde Familie. Nach weltweiten Protesten erklärt der Vater des verstorbenen “Benetton benutzt nicht uns, wir benutzen Benetton”, um auf die tödliche Krankheit aufmerksam zu machen.

Die Motive dieser Kampagne, im Rahmen von “Gib AIDS keine Chance” der BZgA, weisen mit einem Augenzwinkern auf die Verwendung von Kondomen hin. Zahlreiche Großplakate zieren den öffentlichen Raum, Postkarten und Aufkleber mit diesen Motiven werden zu begehrten Sammlerobjekten unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Beispiele sind weiter unten in der Bildergalerie zu finden.

Eine kombinierte Therapie wurde in den USA entwickelt. HAART steht für "Highly Active Anti-Retroviral Therapy", also hochaktive antiretrovirale Therapie. Der Einsatz dieser Therapie senkt die Sterblichkeit infolge von HIV-Infektionen um 60 bis 80 Prozent.

Die WHO startete 1994 ein globales Programm für HIV/AIDS (Global Program on HIV/AIDS), welches zwei Jahre später in die UNAIDS (Joint United Nations Programme on HIV/AIDS), also das gemeinsame Programm der Vereinten Nationen für HIV/AIDS, überging. Ziel ist es, die Aktivitäten der verschiedenen Länder im Kampf gegen AIDS zu koordinieren. Weiterhin sammelt und veröffentlicht UNAIDS weltweite Daten und Statistiken zu HIV und AIDS.

Laut WHO ist Ende der 90er Jahre AIDS bzw. die Folgen dieser Immunschwäche als vierthäufigste Todesart weltweit anzusehen. Auf dem afrikanischen Kontinent gilt dies sogar als Todesursache Nummer 1.

Aufklärungskampagne in den 90er Jahren

HIV & AIDS in den 2000er Jahren

Im neuen Jahrtausend war das große Ziel, die vorhandenen Medikamente zur Bekämpfung von HIV und AIDS allen Menschen zugänglich zu machen. Es gab bereits gute Behandlungs- und Präventionsmöglichkeiten, jedoch waren diese ausgerechnet in den am schwersten von HIV betroffenen Regionen kaum verfügbar.

Die UNAIDS verhandelt mit verschiedenen Pharmafirmen, um die Kosten der HIV-Medikamente für weniger privilegierte Länder zu senken und damit die Verfügbarkeit zu erhöhen.

In den USA wird ein Schnelltest für HIV zugelassen. Damit kann das Ergebnis innerhalb von 20 Minuten mit einer Genauigkeit von 99,6 % erhalten werden.

In einer Studie wird festgestellt, dass eine Beschneidung des männlichen Genitals das Risiko der Frau-zu-Mann-Übertragung von HIV-Infektionen um 60 % verringert. Weitere Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen (Reduktion um mehr als die Hälfte). Daraufhin rufen WHO und UNAIDS im Jahr 2007 dazu auf, in den HIV-Risikogebieten männliche Beschneidungen zu forcieren.

Luc Montagnier und Francoise Barre-Sinoussi teilen sich die Hälfte des Nobelpreises für Medizin 2008 für die Entdeckung des HI-Virus. Die andere Hälfte gebührt Harald zur Hausen – der Heidelberger Krebsforscher hatte 1976 das humane Papillomvirus (HPV) entdeckt, welches u. a. Gebärmutterhalskrebs auslösen kann.

Der sogenannte “Berliner Patient” wird für geheilt erklärt. Bei Timothy Ray Brown wurde 1995 eine HIV-Infektion festgestellt. 2006 wurde bei ihm zusätzlich Leukämie diagnostiziert. Er erhielt eine Stammzellspende, welche ihn aufgrund einer seltenen Gen-Mutation in den Zellen des Spenders immun gegen das HI-Virus machte und 2008 wurde verkündet, dass bei ihm keine HI-Viren mehr nachweisbar sind. Leider verstarb Brown dennoch 2020 an Leukämie.

Aufklärungskampagne in den 2000er Jahren

HIV & AIDS in den 2010er und 20er Jahren

Die Ziele, wirksame Therapien für jeden zugänglich zu machen, werden weiterhin verfolgt. Die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) gibt denjenigen, die es sich leisten können, ein sehr wirksames Mittel zur Vorbeugung von HIV-Infektionen an die Hand. Die andauernde Bekämpfung der AIDS-Epidemie wird 2020 von der Corona-Pandemie überschattet.

Die UNAIDS ruft die 90-90-90-Ziele aus: bis zum Jahr 2020 sollen

  • 90 % der Infizierten diagnostiziert sein,
  • 90 % der Diagnostizierten eine Behandlung erhalten und
  • 90 % der Behandlungen mittels viraler Suppression erfolgen.

Weiterhin soll die AIDS-Epidemie bis 2030 besiegt werden.

Die Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) wird in Deutschland zugelassen. Menschen mit einem stark Erhöhten HIV-Ansteckungsrisiko können vorsorglich Medikamente einnehmen und so eine Ansteckung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verhindern. Ab 2019 werden diese Behandlungen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

HIV-Selbsttest für die Durchführung zu Hause kommen frei zugänglich auf den deutschen Markt. Somit können Tests komplett anonym und im gewohnten Umfeld durchgeführt werden, was die Hemmschwelle senken kann.

Durch die Corona-Pandemie geraten Bemühungen und Investitionen der AIDS-Bekämpfung ins Stocken.

Personen mit HIV-Infektionen haben ein doppelt so hohes Risiko, an COVID-19 zu versterben. Zusätzlich ist in den Regionen, in denen HIV-Infektionen in der Bevölkerung weit verbreitet sind, die Verfügbarkeit der Corona-Impfungen stark eingeschränkt. Während der Lockdowns gingen in Afrika und Asien die Nachfrage nach HIV-Tests um 41 % und die nach ärztlichen Konsultationen zur Diagnose und Behandlung um 37 % zurück, verglichen mit den gleichen Zeiträumen in 2019.

Wie geht es weiter mit HIV & AIDS?

Es gibt aktuell sehr wirksame Methoden, um HIV-Infektionen zu therapieren oder ihnen sogar vorzubeugen:

  • Kondome

  • ART (antiretrovirale Therapie)

  • PEP (Post-Expositions-Prophylaxe)

  • PrEP (Prä-Expositionsprophylaxe)

Seit einigen Jahren wird außerdem daran geforscht, mit Hilfe des CRISPR/Cas9-Verfahrens (umgangssprachlich als “Genschere” bezeichnet) das virale Erbgut des HI-Virus aus infizierten Zellen zu entfernen. Ziel ist es, eine Gentherapie gegen AIDS zu finden.

Weiterhin wird an einer Impfung gegen HIV geforscht – bisherige Ergebnisse sind leider noch nicht erfolgsversprechend. Auch gibt es den Ansatz, chemische Substanzen als Cremes oder Gele direkt vaginal oder rektal aufzutragen, um einer Ansteckung mit HIV vorzubeugen.

Es gibt heutzutage sehr zuverlässige Wege, sich vor einer HIV-Infektion zu schützen oder diese zu behandeln. Ziel sollte es sein, die entsprechenden Methoden für alle Menschen weltweit zugänglich zu machen.

Quellen

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